Arzneipflanzenlexikon

Andorn

Andorn
Foto: P. Schönfelder

Botanische Bezeichnung

Gemeiner oder Weißer Andorn – Marrubium vulgare L.

Familie

Lippenblütler (Lamiaceae)

Wissenswertes zur Pflanze

Der Gemeine oder Gewöhnliche Andorn ist in den wärmeren Klimazonen vom Mittelmeer bis Zentralasien heimisch, in Mittel- und Nordeuropa eingebürgert. Die wärmeliebende Pflanze wächst an Wegen und Mauern, auf Schutt und Ödland. Sie gilt als vom Aussterben bedroht. Die krautige Pflanze trägt keine Dornen (Name: "Andorn"), mit den hakenartig verdorrenden Spitzen der Kelchblätter bleiben im Herbst die Reste des Kelchs an der Kleidung hängen. Der Gattungsname Marrubium leitet sich ursprünglich vom hebräischen ,mar' (= bitter) und ,rob' (= viel) ab, ins Lateinische als `marrubius` (= Berghopfen) übernommen. Damit wird auf den bitteren Geschmack der Pflanze angespielt. Das Artepitheton vulgare ist lateinisch und bedeutet „gewöhnlich“.

Der Gemeine Andorn wird 20 bis 60 cm hoch, bisweilen halbstrauchartig. Am vierkantigen, weiß-filzig behaarten Stängel stehen kreuzgegenständig die netznervigen, besonders unterseits weiß-filzig behaarten Blätter mit grob unregelmäßig gezähntem Blattrand. Die kleinen weißen Lippenblüten sitzen dicht in kugelartig wirkenden blattachselständigen Scheinquirlen, 6 bis 8 pro Stängel. Die weiße Blütenkrone ist flaumig behaart; ihre Unterlippe ist ausgeprägt mittelzipfelig. Besonders auffallend ist der Kelch mit seinen 10 Zähnen, die sich zur Fruchtzeit an der Spitze hakig krümmen. Blütezeit ist Juni bis September.

Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)

Verwendet werden die zur Blütezeit gesammelten, getrockneten oberirdischen Teile bestehend aus Blättern, Blüten und Stängeln (Andornkraut - Marrubii herba).
Die Droge des Handels stammt aus dem Anbau in südosteuropäischen Ländern, auch Frankreich und Marokko..

Inhaltsstoffe der Droge

Andornkraut enthält Diterpen-Bitterstoffe, Flavonoide, Phenylpropanderivate und Lami­aceen-Gerbstoffe.

Qualitätsbeschreibungen

Die Qualität des Andornkrauts (Marrubii herba) ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt.

Medizinische Anwendung

Anerkannte medizinische Anwendung

Das HMPC hat Andornkraut als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft (siehe "Traditionelle Anwendung").
ESCOP: gegen Appetitlosigkeit und bei Verdauungsbeschwerden wie Blähungen und Flatulenz; Katarrhe der oberen Luftwege; diese Anwendungsgebiete stützen sich auf Erkennt­nisse der langjährigen Anwendung am Menschen.
Kommission E: gegen Appetitlosigkeit und bei dyspeptischen Beschwerden wie Völlegefühl und Blähungen; Katarrhe der Luftwege.

Traditionelle Anwendung

Das HMPC hat Andornkraut als traditionelles pflanzliches Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft. Basierend auf langjähriger Erfahrung kann Andornkraut als Schleim lösendes Mittel (Expektorans) bei erkältungsbedingtem Husten eingesetzt werden; außerdem bei leichten dyspeptischen Beschwerden wie Blähungen und Flatulenz sowie bei zeitweilig auftretender Appetitlosigkeit.

Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln

Dosierung

Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufguss: 3-mal täglich eine Tasse warmen Andornkrauttee trinken; auch kombiniert mit anderen Drogen wie z.B. Wermutkraut, Enzianwurzel, Schafgarbenkraut oder Tausend­güldenkraut (Magentees). Zur Appetitanregung soll der Tee jeweils eine halbe Stunde vor den Mahlzeiten, bei Verdauungsbeschwerden nach den Mahlzeiten getrunken werden. Tagesdosis: 4 bis 6 g Droge.

Bereitung eines Teeaufgusses

1 bis 2 g fein geschnittenes Andornkraut mit ca. 150 mL siedendem Wasser übergießen und nach 10 Min. abseihen.

Hinweise

Bei bestehenden Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren darf Andornkraut nicht ein­genommen werden. Bei Gallensteinen und Gallenbeschwerden soll vor der Anwendung ärztlicher Rat eingeholt werden.

Für eine Anwendung von Andornkraut während der Schwangerschaft und Stillzeit liegen bisher noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor; auch wird von einer Anwen­dung bei Kindern unter 12 Jahren wegen mangelnder Erkenntnisse abgeraten.

Nebenwirkungen

Keine bekannt

Wechselwirkungen

Keine bekannt

Literaturhinweise

Drogenmonographien

HMPC (2013, 2022), ESCOP (2013), Kommission E (1990)

Weiterführende Literatur

Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Europäischen Arzneibuch (Andornkraut, Nr. 1835)

 

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