Traditionelle Arzneimittel – Traditionelle Anwendung
Mit der 14. Novelle AMG (Dezember 2005) wurde die Möglichkeit geschaffen, pflanzliche Arzneimittel neben der regulären Zulassung (§ 21 AMG) ein vereinfachtes Registrierungsverfahren durchlaufen zu lassen (§ 39a) und als „Traditionelles Arzneimittel“ auf den Markt zu bringen. Voraussetzung für dieses vereinfachte Verfahren ist, dass die Pflanze oder pflanzliche Zubereitung mindestens 30 Jahre, davon mindestens 15 Jahre in der Europäischen Union, medizinisch in Verwendung ist und von ihr unter den angegebenen Anwendungsbedingungen keine Gesundheitsgefahren ausgehen. Dabei geht man von der Annahme aus, dass bei alt bewährten Arzneipflanzen die Wirksamkeit plausibel ist und außerdem nicht zu erwarten ist, dass von diesen eine Gefährdung der Gesundheit ausgeht, weswegen auf einen experimentellen Wirksamkeits- und Unbedenklichkeitsnachweis verzichtet werden kann. Für die Registrierung als „Traditionelles Arzneimittel“ müssen Wirksamkeit und Unbedenklichkeit nicht durch experimentelle klinische Daten belegt werden; vorgelegt werden muss lediglich ein bibliographischer Überblick und ein Sachverständigengutachten.
Anwendungsgebiete der traditionellen pflanzlichen Arzneimittel dürfen allerdings nur leichte Befindlichkeitsstörungen betreffen. Auf der Packung muss dann der Vermerk „Traditionelles Arzneimittel“ angebracht werden und der Satz „diese Angabe beruht ausschließlich auf Überlieferung und langjähriger Erfahrung“. Das Anwendungsgebiet muss ungefähr folgendermaßen lauten: „traditionell angewendet“ „zur Stärkung oder Kräftigung des...“, „zur Besserung des Befindens ...“, „zur Unterstützung der Organfunktion des ...“, „zur Vorbeugung gegen ...“, „als mild wirksames AM bei...“.
Auf europäischer Ebene entscheidet das Herbal Medicinal Product Committee (HMPC) über die Zuordnung einer Droge zur Kategorie „well-established use“ (= anerkannte medizinische Wirkung und akzeptierte Unbedenklichkeit“ → Zulassung) und „traditional use“ („traditionelles Arzneimittel“ → Registrierung). Diese Praxis wurde in Deutschland schon im Rahmen der Nachzulassung seit der 5. Novelle 1994 des Arzneimittelgesetzes praktiziert. Das BfArM nahm damals die entsprechenden Drogen und die dafür möglichen traditionellen Anwendungsgebiete in eine Liste auf, die im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde (traditionelle Anwendung nach § 109a AMG). Die in der Zeit von 1994 bis 2005 nach § 109a registrierten traditionellen pflanzlichen Arzneimittel des deutschen Markts mussten/müssen nach § 39a AMG neu beurteilt werden.
Abkürzungen Ätherisches Öl Anerkannte medizinische Anwendung Arzneimittelgesetz (AMG) Deutscher Arzneimittel-Codex (DAC) Das Deutsche Arzneibuch (DAB) Dickextrakt (Zähflüssiger Extrakt) Droge-Extrakt-Verhältnis (DEV) Drogenmonographie Drogenzubereitung Das Europäische Arzneibuch (Pharmacopoeia Europaea = Ph. Eur.) European Scientific Cooperative on Phytotherapy (ESCOP) Fertigarzneimittel Fluidextrakt (Flüssigextrakt) Frischpflanzenpresssaft Herbal Medicinal Product Committee (HMPC) Inhaltsstoffe von Drogen Kommission E Lateinische Fachbegriffe Nachzulassung Nebenwirkungen Pflanzliches Arzneimittel (Phytopharmakon) (Pflanzliche) Droge Phytopharmakon Phytotherapie Teeaufguss Tinktur Traditionelle Arzneimittel – Traditionelle Anwendung Trockenextrakt Urtinktur Wechselwirkungen World Health Organisation (WHO)