Arzneipflanzenlexikon

Artischocke

Artischocke
Foto: P. Schönfelder

Botanische Bezeichnung

Artischocke – Cynara cardunculus L. [Syn. C. cardunculus var. scolymus (L.) Benth.]

Familie

Korbblütler (Asteraceae)

Wissenswertes zur Pflanze

Die Artischocke wurde wohl durch die Araber zugleich mit ihrem Namen Cynara nach Europa eingeführt und hat sich im Mittelmeergebiet bis zu den Kanaren angesiedelt. In Mitteleuropa konnte sie als Wildpflanze nicht Fuß fassen, da sie nicht winterhart ist. Heutzutage ist sie uns nur noch als Kulturpflanze bekannt und wird im Mittelmeergebiet und in Mitteleuropa als Gemüsepflanze angebaut. Das Pflanzenmaterial für die arzneiliche Verwendung stammt ausschließlich aus kontrolliert angebauten Blattkulturen in Europa, vorzugsweise Mitteleuropa; Blattware von abgeernteten Gemüsekulturen ist von minder­wertiger Qualität.

Die Artischocke ist ein Korbblütler mit leicht distelartigem Habitus. Dies kommt im Artnamen zum Ausdruck, denn lat. ‚cardunculus‘ heißt „kleine Distel“. Ihre großen Blätter sind ein- bis zweifach gefiedert, unbedornt oder einfach bedornt, und bilden eine grundständige Rosette. Auf der Oberseite sind sie blassgrün, unterseits weichfilzig behaart. Die bis zu 1,5 m hohen, beblättertem Stängel tragen 1 bis 3 große Blütenköpfe (8 bis 15 cm im Durchmesser). Auf dem fleischigen, flachen Blütenboden stehen zahllose violette Röhren­blüten. Sie sind umgeben von vielen dachziegelartig angeordneten, am Grunde fleischigen Hüllblättern, deren Rand ausgerandet ist oder ein dornig bespitztes Anhängsel trägt. Zungenblüten sind nicht vorhanden. Der fleischige Blütenboden und die fleischige Basis der Hüllblätter der noch geschlossenen Blüte sind gekocht eine beliebte Delikatesse.

Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)

Verwendet werden die getrockneten Blätter von Artischocken-Blattkulturen (Artischocken­blätter - Cynarae folium) sowie der Frischpflanzenpresssaft der noch nicht aufgeblühten Arti­schocken­blüten.
Blattkulturen findet man in Franken, Brandenburg und Thüringen sowie in der Bretagne; auch Importe aus süd- und südosteuropäischen Ländern.

Inhaltsstoffe der Droge

Artischockenblätter enthalten Caffeoylchinasäuren (u.a. Chlorogensäure), Flavonoide und Sesquiterpen-Bitterstoffe.

Qualitätsbeschreibungen

Die Qualität folgender Drogen bzw. Drogenzubereitungen ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt:

  • Artischockenblätter (Cynarae folium)
  • Artischockenblättertrockenextrakt (Cynarae folii extractum siccum)

Medizinische Anwendung

Anerkannte medizinische Anwendung

Das HMPC hat Artischockenblätter als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft (siehe „Traditionelle Anwendung“).
Durch klinische Studien belegte Anwendungsgebiete (Zulassung): dyspeptische Beschwer­den besonders bei funktionellen Störungen der ab­leitenden Gallenwege.
ESCOP: Verdauungsstörungen (z.B. Magenschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Völlegefühl, Flatu­lenz) und Gallenbeschwerden; Unterstützung einer Niedrigfettdiät zur Behandlung einer leichten Hyperlipidämie (erhöhte Blutfettwerte).
Kommission E: dyspeptische Beschwerden.

Traditionelle Anwendung

Artischockenblätter wurden vom HMPC als traditionelles pflanzliches Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft. Basierend auf langjähriger Erfahrung können Artischocken­blätter zur Behandlung dyspep­tischer Verdauungs­beschwerden, die mit Völlegefühl, Blähungen und Flatulenz einhergehen, verwendet werden.

Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln

  • Trockenextrakte aus getrockneten Artischockenblättern in Kapseln und Dragees; auch gelöst in Flüssigkeiten
  • Trockenextrakte aus frischen Artischockenblättern in Kapseln, Tabletten und Dragees
  • wässriger Auszug in Flüssigkeiten
  • Frischpflanzenpresssaft von Artischockenknospen als Saft

Dosierung

Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufguss: Vor den Mahlzeiten eine Tasse Artischockenblättertee trinken; Tagesdosis: 3 bis 6 g Droge.

Bereitung eines Teeaufgusses

1,5 g fein geschnittene Artischockenblätter mit 150 ml heißem Wasser übergießen und nach 10 min. abseihen.

Hinweise

Beim Vorliegen eines Gallenverschlusses und bei Gallensteinen oder Leberleiden dürfen Artischockenblätter nicht eingenommen werden, ebenfalls nicht bei Vorliegen einer Allergie gegen Korbblütler (Kreuzallergie möglich).
Zur Anwendung von Artischockenblättern während der Schwangerschaft und Stillzeit liegen noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor; von einer Anwendung bei Kindern unter 12 Jahren wird wegen mangelnder Erkenntnisse abgeraten.

Nebenwirkungen

Sehr selten leichte Durchfälle und damit verbundene Oberbauch­beschwerden, Übelkeit und Sodbrennen.

Wechselwirkungen

Keine bekannt

Literaturhinweise

Drogenmonographien

HMPC (2019), ESCOP (2009), Kommission E (1990), WHO Vol. 4

Weiterführende Literatur

Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Europäischen Arzneibuch (Artischockenblätter, Nr. 1866; Artischocken­blättertrockenextrakt, Nr. 2389)

 

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