Botanische Bezeichnung
Hänge- oder Warzen-Birke – Betula pendula Roth
Familie
Birkengewächse (Betulaceae)
Wissenswertes zur Pflanze
Von den in Nord- und Mitteleuropa bis Sibirien heimischen Birken kommt die Hänge- oder Warzenbirke (auch Weiß- oder Raubirke) in Mitteleuropa am häufigsten vor. Sie verträgt harte Fröste und karge Böden und kommt auch mit Trockenheit gut zurecht. Sie wird sehr rasch zum Baum, bis 30 m hoch, mit dominierendem Stamm und weit überhängenden Zweigen. Für alle Birken charakteristisch ist die weiße Borke des Baumstamms, die sich horizontal papierdünn ablösen lässt. Verursacht wird diese weiße Farbe durch in der Borke eingelagertes Betulin.
Man geht davon aus, dass sich der Name „Birke“, vom indogermanischen ‚bhereo’ (= glänzend, weiß) ableitet. Der Gattungsname Betula kommt von lat. ‚bitumen’ (= Erdpech, Asphalt), weil die Gallier aus dem Birkensaft eine Art Bitumen hergestellt haben (gallisch Betu = Harz, Gummi, Leim). Das Artepitheton pendula (lat. ‚pendulus’ = hängend) bezieht sich auf die hängenden, bis 10 cm langen männlichen Blütenstände (Kätzchen) und/oder die hängenden Zweige. Die weiblichen Blütenstände sind zur Blütezeit aufrecht, erst später hängend und bis 4 cm lang. Blütezeit April-Mai. Die Blätter sind typisch rhombisch und lang zugespitzt mit doppelt gezähntem Blattrand.
Arzneilich wird auch die Moorbirke genutzt (Betula pubescens Ehrh.); deren Blätter sind etwas kleiner.
Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)
Verwendet werden die Laubblätter (Birkenblätter - Betulae folium) und die vom Kork befreite Rinde (Betulae cortex).
Die im Handel befindliche Blattdroge stammt aus China, Russland, Polen und anderen osteuropäischen Staaten. Die Birkenrinde wird industriell zur Herstellung von Extrakten genutzt.
Inhaltsstoffe der Droge
Birkenblätter: Flavonoide und andere Polyphenole
Birkenrinde: Betulin (Triterpen)
Qualitätsbeschreibungen
Die Qualität der Birkenblätter (Betulae folium) ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt.
Laut Arzneibuch dürfen auch die Blätter der Moorbirke (Betula pubescens Ehrh.) verwendet werden sowie auch Hybriden von B. pendula und B. pubescens.
Für Birkenrinde gibt es keine amtliche Qualitätsbeschreibung.
Medizinische Anwendung
Anerkannte medizinische Anwendung
Birkenblätter
Das HMPC hat Birkenblätter als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft (siehe „Traditionelle Anwendung“).
ESCOP: zur Durchspülung der Harnwege, insbesondere bei Harnwegsentzündungen und Nierengrieß; außerdem unterstützend bei bakteriellen Harnwegsinfektionen.
Kommission E: zur Durchspülung bei bakteriellen und entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege und bei Nierengrieß; unterstützend bei rheumatischen Beschwerden.
Birkenrinde
Lange Zeit wurde Birkenrinden-Trockenextrakt nur in Pflegepräparate verarbeitet; 2016 erhielt ein Gel mit Birkenrinden-Trockenextrakt (72 bis 88 mg Betulin pro g Gel) die Zulassung mit dem Anwendungsgebiet „Behandlung von oberflächlichen Hautwunden (Epidermis und obere Dermis) und Verbrennungswunden der Haut vom Grad IIa bei Erwachsenen“.
Traditionelle Anwendung
Birkenblätter wurde vom HMPC als traditionelles pflanzliches Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft. Basierend auf langjähriger Erfahrung können Birkenblätter zur Erhöhung der Harnmenge und damit zur Durchspülung der Harnwege bei leichten Harnwegsbeschwerden eingesetzt werden.
Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln
Birkenblätter
- geschnittene Birkenblätter zur Teebereitung
- Trockenextrakte in Tabletten und löslichen Instant-Tees
- alkoholische Auszüge in Säften
- Frischpflanzenpresssaft
Trockenextrakt (DEV 5-10:1; Auszugsmittel Heptan; entspr. 72-88 mg Betulin/g Gel) in Gel
Dosierung
Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufguss: mehrmals täglich eine Tasse Birkenblätteraufguss trinken. Tageshöchstdosis 12 g Droge.
Bereitung eines Teeaufgusses
2 bis 3 g fein geschnittene Birkenblätter werden mit 150 mL kochendem Wasser übergossen und nach 10 bis 15 Min. abgeseiht.
Hinweise
Birkenpollenallergiker sollten Birkenblätter nicht anwenden.
Bei einer Durchspülungstherapie muss reichlich Flüssigkeit getrunken werden.
Bei fieberhaften Harnwegsinfekten und akuter Prostataentzündung sowie bei Wasseransammlungen als Folge von einer eingeschränkten Nieren- oder Herztätigkeit dürfen Birkenblätter nicht angewendet werden.
Für die Anwendung von Birkenblättern während der Schwangerschaft und Stillzeit liegen noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor; von einer Anwendung bei Kindern unter 12 Jahren wird wegen mangelnder Erkenntnisse abgeraten.
Nebenwirkungen
Selten leichte Magen-Darm-Beschwerden
Wechselwirkungen
Nicht bekannt
Literaturhinweise
Drogenmonographien
HMPC (2015), ESCOP (2015), Kommission E (1986)
Weiterführende Literatur
Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Europäischen Arzneibuch (Birkenblätter, Nr. 1174)