Botanische Bezeichnung
Gewöhnliches Hirtentäschel – Capsella bursa-pastoris (L.) Medik.
Familie
Kreuzblütler (Brassicaceae)
Wissenswertes zur Pflanze
Das Gewöhnliche Hirtentäschel ist ein Kosmopolit und als solcher weltweit in den gemäßigten und auch in den bergigen tropischen Gebieten weit verbreitet. Es pflanzt sich vorwiegend durch Selbstbestäubung fort und ist deshalb nicht auf Bienenbestäubung angewiesen, somit ist sein Bestand sehr robust. Die Pflanze wächst auf nährstoffreichen Böden, vor allem in Gärten und auf Äckern als Unkraut und in Ruderalfluren wie Schuttplätzen und Erdaufschüttungen.
Der Name der Pflanze war schon vor Linné in Gebrauch und wird von den auffallend umgekehrt herzförmigen Früchten (botanisch: Schötchen) geprägt. Sie erinnern an die aus Fell gefertigten Umhängetaschen der Hirten im Mittelalter. Capsella ist die Verkleinerungsform von lat. ‚capsa‘ (= Kapsel), bursa stammt von lat. ‚bursa‘ (= Fell) und pastoris ist der Genitiv von lat. ‚pastor‘ (= Hirte). Dies wurde ins Deutsche mit dem bildhaften Namen „Hirtentäschel” übernommen.
Das Hirtentäschel ist einjährig und wird bis 80 cm hoch. Der Stängel - meist einfach, manchmal auch verzweigt - wächst aus einer grundständigen Blattrosette mit ganzrandigen Blättern heraus. Die wenigen Stängelblätter sind sitzend, lanzettlich und breit geöhrt stängelumfassend. Die kleinen, weißen Kreuzblüten sind lang gestielt; nach der Befruchtung entwickeln sich die für die Pflanze so charakteristischen umgekehrt herzförmigen bis dreieckigen Schötchen („Hirtentäschel”). Da es sowohl im Frühjahr als auch im Herbst keimende Varianten gibt, findet man die blühenden Pflanzen von Januar bis Oktober.
Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)
Verwendet werden die zur Blütezeit gesammelten, getrockneten oberirdischen Teile, bestehend aus Blättern, Blüten, Stängeln und Früchten (Hirtentäschelkraut - Bursae pastoris herba).
Die Droge des Handels stammt aus Wildsammlungen in osteuropäischen Ländern.
Inhaltsstoffe der Droge
Hirtentäschelkraut enthält Flavonoide, biogene Amine, Aminosäuren und Proteine.
Qualitätsbeschreibungen
Die Qualität des Hirtentäschelkrauts (Bursae pastoris herba) ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt.
Medizinische Anwendung
Anerkannte medizinische Anwendung
Das HMPC hat Hirtentäschelkraut als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft (siehe "Traditionelle Anwendung").
ESCOP: Hirtentäschelkraut wurde bisher nicht bearbeitet.
Kommission E: innerlich zur symptomatischen Behandlung leichterer Menorrhagien (verstärkte und verlängerte Regelblutungen) und Metrorrhagien (Dauerblutungen); äußerlich bei Nasenbluten (lokale innere Anwendung) sowie bei oberflächlichen, blutenden Hautverletzungen.
Traditionelle Anwendung
Das HMPC hat Hirtentäschelkraut als traditionelles pflanzliches Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft. Basierend auf langjähriger Erfahrung kann Hirtentäschelkraut bei starken Menstruationsblutungen bei Frauen mit normalem Menstruationszyklus eingesetzt werden, wenn ärztlicherseits eine ernsthafte Erkrankung ausgeschlossen wurde.
Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln
- geschnittenes Hirtentäschelkraut zur Teebereitung
- Trockenextrakte in Dragees und Tabletten
- Fluidextrakt in flüssigen Zubereitungen
- alkoholische Auszüge in Tropfen
Dosierung
Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufguss: Innerliche Anwendung: 3 bis 5 Tage vor und während der Regelblutung 2- bis 4-mal täglich eine Tasse warmen Hirtentäschelkrauttee trinken; Tagesdosis: 3 bis 20 g Droge.
Für Umschläge und zur Herstellung einer Nasentamponade wird ein lauwarmer Teeaufguss verwendet.
Bereitung eines Teeaufgusses
Zur inneren Anwendung: 3 bis 5 g fein geschnittenes Hirtentäschelkraut mit ca. 150 mL siedendem Wasser übergießen und nach 10 bis 15 Min. abseihen.
Für die äußerliche Anwendung als blutstillendes Mittel: 10 g Droge mit 100 mL siedendem Wasser übergießen und nach 15 Min. abseihen.
Hinweise
Für eine Anwendung von Hirtentäschelkraut während der Schwangerschaft und Stillzeit liegen bisher noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor; von einer Anwendung bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren wird wegen mangelnder Erkenntnisse abgeraten.
Nebenwirkungen
Keine bekannt
Wechselwirkungen
Keine bekannt
Literaturhinweise
Drogenmonographien
HMPC (2011, 2019), Kommission E (1990)
Weiterführende Literatur
Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Europäischen Arzneibuch (Hirtentäschelkraut, Nr. 2947 – in Arbeit)