Botanische Bezeichnung
Meerzwiebel – Drimia maritima (L.) Stearn [Syn.: Urginea maritima (L.) Baker]
Familie
Spargelgewächse (Asparagaceae)
Wissenswertes zur Pflanze
Die Meerzwiebel (Giftpflanze!) kommt im gesamten Mittelmeerraum vor und wächst dort in sandigen Küstenregionen und an küstennahen trockenen, felsigen Abhängen, seltener auf Felsfluren oder in Olivenhainen im Landesinneren. Umfangreiche karyologische und morphologische Untersuchungen zeigten, dass es sich bei der Meerzwiebel um eine Sammelart handelt mit mindestens 6 Arten. Die arzneilich verwendete Meerzwiebel, Drimia maritima s.str. (sensu stricto - im engeren Sinne) ist hexaploid und bildet eine grünlich-weiße Zwiebel.
Mit dem Namen „Meerzwiebel” wird auf die große Zwiebel, ein Charakteristikum der Pflanze, eingegangen. In der Tat kann sie bis zu 2,5 kg wiegen. Da sie an der Meeresküste verbreitet wächst, wird sie eben „Meerzwiebel” genannt. Dies kommt auch im Artepitheton maritima zum Ausdruck. Der Gattungsname hat sich im Laufe der Jahre mehrfach geändert, früher hieß die Pflanze Scilla, was die Ähnlichkeit der Blüte mit einer Scilla, dem Blaustern, deutlich machte, später Urginea, heute Drimia. Der Name Scilla wird heute immer noch für die Drogenbezeichnung verwendet.
Die Zwiebel ist mit einem Durchmesser bis zu 20 cm sehr groß. Sie besteht wie bei der Küchenzwiebel aus Niederblättern (= Zwiebelschuppen), die äußeren sind braun und häutig, die inneren weiß und dick. Im Frühjahr treibt sie bis zu 20 längliche Blätter in Form einer grundständigen Rosette. Wenn diese dann im heißen Sommer vertrocknet, treibt aus ihrer Mitte heraus ein 50 bis 1,50 m hoher, dicker Blütenschaft, an dem dann bis zu 100 sternförmige, weiße Blüten eine ca. 60 cm lange Traube bilden. Die Frucht ist eine eiförmige, dreifächrige Kapsel mit schwarzen glänzenden Samen. Alle Pflanzenteile sind giftig (!).
Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)
Verwendet werden die in Quer- oder Längsstreifen geschnittenen,
getrockneten, mittleren, fleischigen Zwiebelschuppen der nach der
Blüte geenteten Zwiebel (Meerzwiebel - Scillae bulbus).
Die Droge
des Handels stammt aus Kulturen im Mittelmeerraum.
Inhaltsstoffe der Droge
Meerzwiebel enthält herzwirksame Steroide in Form von Bufadienoliden, hauptsächlich Scillaren A und Proscillaridin A; Schleime, organische Säuren. Die Bufadienolide sind für die Giftigkeit der Pflanze verantwortlich.
Qualitätsbeschreibungen
Die Qualität der Meerzwiebel (Scillae bulbus) und des Eingestellten Meerzwiebelpulvers (Scillae pulvis normatus) war bis 2014 im Deutschen Arzneibuch (DAB) festgelegt. Heute enthalten die Arzneibücher (Ph. Eur., DAB, DAC) für Meerzwiebel keine Qualitätsvorgaben.
Medizinische Anwendung
Anerkannte medizinische Anwendung
Meerzwiebel wurde weder vom HPMC noch von der ESCOP bearbeitet.
Kommission E: leichtere Formen der Herzinsuffizienz – auch bei
verminderter Nierenleistung.
Traditionelle Anwendung
Wegen des Gehalts an stark herzwirksamen Bufadienoliden, die auch für die Giftigkeit der Pflanze verantwortlich sind, verbietet sich eine Einstufung der Meerzwiebel als pflanzliches traditionelles Arzneimittel im Sinne des § 39a AMG.
Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln
Meerzwiebel ist Bestandteil von Herzmitteln des homöopathischen Formenkreises in Kombination mit anderen herzwirksamen Drogen (u. a. Weißdorn, Maiglöckchen, Strophanthus, Adonis). Anwendungsgebiete dafür sind: nervös bedingte Herzbeschwerden; Herzschwäche; zur Besserung des Befindens bei Herz-Kreislauf-Störungen.
Als Zubereitung findet man darin
- Scilla (Urginea maritima) homöopathische Dilutionen D3 und D4
Dosierung
Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufguss: wegen der geringen therapeutischen Breite der Meerzwiebel
(Giftwirkung der Bufadienolide), dürfen Teeaufgüsse nicht
angewendet werden.
Bereitung eines Teeaufgusses
entfällt
Hinweise
Für eine Behandlung mit Meerzwiebel ist ärztlicher Rat einzuholen.
Bei einer Therapie mit Digitalis-Herzglykosiden und
Kaliummangelzuständen darf Meerzwiebel nicht eingenommen werden.
Meerzwiebel darf nicht während der Schwangerschaft und
Stillzeit eingenommen werden. Bei Kindern und
Jugendlichen unter 18 Jahren ist das Krankheitsbild nicht
relevant, weswegen eine Anwendung ohnehin nicht vorgesehen ist.
Nebenwirkungen
Übelkeit, Erbrechen, Herzrhythmusstörungen
Wechselwirkungen
Wirkungs- und damit auch Nebenwirkungssteigerung bei gleichzeitiger Gabe von Chinidin, Calcium, Abführmitteln, und bei Corticoid-Langzeittherapie.
Literaturhinweise
Drogenmonographien
Kommission E (1985)
Weiterführende Literatur
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen