Arzneipflanzenlexikon

Fenchel

Fenchel
Foto: © P. Schönfelder

Botanische Bezeichnung

(Bitterer) Fenchel – Foeniculum vulgare Mill. ssp. vulgare var. vulgare
Süßer Fenchel – Foeniculum vulgare Mill. ssp. vulgare var. dulce (Mill.) Batt. & Trab.

Familie

Doldengewächse (Apiaceae)

Wissenswertes zur Pflanze

Der Gemeine Fenchel (Foeniculum vulgare Mill.) ist im Mittelmeergebiet beheimatet und kommt dort in zwei Unterarten vor. Die Unterart piperitum (Pfeffer- oder Eselsfenchel) wächst wild auf trockenen, steinigen Böden, die Unterart vulgare (Gartenfenchel) ist die meist zweijährige Kulturform, die in ganz Europa und anderen gemäßigten Zonen kultiviert wird und auch verwildert vorkommt. Davon haben sich im Laufe der Zeit drei Varianten herausgebildet: var. vulgare, der Bitterfenchel mit seinen bitter-süß und etwas scharf schmeckenden Früchten; var. dulce, der Süße oder Römische Fenchel mit angenehm süß schmeckenden Früchten; var. azoricum ist der Gemüse- oder Zwiebelfenchel, dessen Blattscheiden am Stängelgrund fleischig verdickt sind und als Gemüse Verwendung finden.

Der lateinische Gattungsname Foeniculum leitet sich von lat. ‚fenum‘ (= Heu) ab, das hier in der Verkleinerungsform benutzt wird; das Artepitheton vulgaris ist lateinisch und bedeutet „gewöhnlich“. Die blaugrüne, bläulich bereifte Pflanze wird bis 120 cm hoch und blüht im Juli/August mit zahlreichen kleinen goldgelben Blüten, die in 12- bis 25-strahligen Doppeldolden angeordnet sind. Die aromatisch duftenden Blätter stehen mit auffälligen Blattscheiden an einem markigen Stängel. Sie sind 3- bis 4-fach gefiedert mit sehr schmalen, fast fädigen Fiedern. Die im reifen Zustand grünlich-braunen Früchte sind 3 bis 12 mm lang mit 5 hellen, kantig hervortretenden Rippen. Dabei handelt es sich wie bei allen Doldengewächsen um „Doppelachänen“, die schon vor dem Abfallen leicht in die beiden Teilfrüchte (Achänen) zerfallen. Der Süße Fenchel sieht dem Bitteren Fenchel sehr ähnlich; er wird bis 2 m hoch, seine Früchte sind heller.

Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)

Von beiden Fenchel-Varietäten werden die reifen Früchte (Bitterer Fenchel - Foeniculi amari fructus; Süßer Fenchel - Foeniculi dulcis fructus) verwendet. Der typische Fenchelgeruch ist beim Zerreiben deutlich wahrzunehmen und wird durch das in den Früchten enthaltene ätherische Öl verursacht.
Die im Handel befindlichen Drogen stammen aus China, Ägypten, Bulgarien, Ungarn und Rumänien.

Inhaltsstoffe der Droge

Fenchelfrüchte enthalten ätherisches Öl („Bitterfenchelöl“) mit süß schmeckendem trans-Anethol (Hauptbestandteil) und dem bitter schmeckenden Fenchon, das dem Bitteren Fenchel seinen leicht bitteren Geschmack verleiht. Das ätherische Öl des Süßen Fenchels (var. dulce) enthält deutlich weniger Fenchon, sodass der Geschmack der Früchte vom süßen trans-Anethol dominiert wird. Das ätherische Öl beider Fenchelvarietäten enthält Estragol (s. „Hinweise“). Außerdem ist in den Fenchelfrüchten fettes Öl enthalten.

Qualitätsbeschreibungen

Die Qualität folgender Drogen bzw. Drogenzubereitungen ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt:

  • Bitterer Fenchel (Foeniculi amari fructus)
  • Süßer Fenchel (Foeniculi dulcis fructus)
  • Bitterfenchelöl (Foeniculi amari fructus aetheroleum)
  • Bitterer-Fenchel-Kraut-Öl (Foeniculi amari herbae aetheroleum)

Medizinische Anwendung

Anerkannte medizinische Anwendung

Das HMPC hat Bitterfenchel und Süßen Fenchel als traditionelle pflanzliche Arzneimittel eingestuft (siehe „Traditionelle Anwendung“); die Monographie zu Bitterfenchelöl wurde zurückgezogen (s.u.).
ESCOP: Bitterer/Süßer Fenchel und Bitterfenchelöl: bei dyspeptischen Beschwerden wie leichte, krampfartige Magen-Darm-Beschwerden, Blähungen und Flatulenz; Katarrhe der oberen Luftwege; Bitterer Fenchel kann auch zur Linderung von Menstruations­beschwerden eingesetzt werden. Diese Anwendungs­gebiete stützen sich auf Erkenntnisse der langjährigen Anwendung am Menschen.
Kommission E: Bitterer Fenchel und Bitterfenchelöl: Innerlich bei dyspeptischen Beschwerden wie leichte, krampf­artige Magen-Darm-Beschwerden, Völlegefühl, Blähungen; Katarrhe der oberen Luftwege.

Traditionelle Anwendung

Das HMPC hat Bitteren und Süßen Fenchel als traditionelle pflanzliche Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft. Basierend auf langjähriger Erfahrung können Süßer und Bitterer Fenchel zur symptomatischen Behandlung leichter krampfartiger Beschwerden im Magen-Darm-Bereich (Blähungen, Flatulenz) und bei leichten menstruationsbedingten Krämpfen eingesetzt werden; außerdem als Schleim lösendes Mittel bei Husten im Zusammenhang mit einer Erkältung.

Wichtige Information zu Bitterfenchelöl: Aufgrund neuer Erkenntnisse zur Genotoxizität und Carcinogenität von Estragol, einem Bestandteil des ätherischen Öls des Bitterfenchels, hat das HMPC seine Monographie zum Bitterfenchelöl zurückgezogen und damit deutlich gemacht, dass Bitterfenchelöl aus Sicherheitsgründen nicht mehr als traditionelles Arzneimittel im Sinne des HMPC gelten kann.

Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln

  • zerkleinerte Fenchelfrüchte als Tee, auch in Teeaufgussbeuteln
  • alkoholische Auszüge (Tinktur) in Tropfen
  • Trockenextrakte in Dragees
Häufig auch mit anderen ähnlich wirkenden Drogen kombiniert verarbeitet.

Bei Erkältungskrankheiten, vor allem bei Kindern, können die wohl­schmeckenden Zu­be­reitungen Fenchelsirup und Fenchelhonig eingesetzt werden.

Dosierung

Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufguss: Erwachsene und Jugendliche: 3-mal täglich 1 Becher Fencheltee warm trinken (Tagesdosis 4,5 g Fenchel) (auch in Mischungen mit anderen Drogen als Magen-Darm-Tee; Husten- und Bronchialtee). Kinder (4 bis 12 Jahre): 3-mal täglich 1 Tasse (Tagesdosis 3 g); s.a. „Hinweise“.

Bereitung eines Teeaufgusses

1 gehäuften Teelöffel (1,5 g) frisch zerkleinerte Fenchelfrüchte mit ¼ L heißem (nicht kochend!) Wasser übergießen, 15 Min. ziehen lassen und abseihen. Um die Wirksamkeit zu fördern, sollten Fenchelfrüchte vor der Teezubereitung zerstoßen werden.

Hinweise

Erwachsene und Jugendliche dürfen Fencheltee höchstens 2 Wochen anwenden; Kinder zwischen 4 und 12 Jahren höchstens 1 Woche, wobei die tägliche Estragol-Aufnahme 1,0 µg/kg Körpergewicht nicht übersteigen darf. Kinder unter 4 Jahren sollen Fencheltee nicht anwenden. Während der Schwangerschaft und Stillzeit darf die tägliche Estragol-Aufnahme höchstens 1,0 mg betragen.
Bei bestehenden Allergien gegen Doldenblütler (u.a. Fenchel, Kümmel, Sellerie, Koriander oder Dill) oder gegen Anethol müssen Fenchelzubereitungen gemieden werden.

Wichtige Information zu Bitterfenchelöl: siehe „Traditionelle Anwendung“!

Nebenwirkungen

Gelegentlich Allergien an Haut und Atemwegen

Wechselwirkungen

Keine bekannt.

Literaturhinweise

Drogenmonographien

HMPC (2007, 2022, 2024), ESCOP (2019), Kommission E (1991), WHO (Vol. 3, NIS)

Weiterführende Literatur

Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Europäischen Arzneibuch (Bitterer Fenchel, Nr. 0824; Süßer Fenchel, Nr. 0825; Bitterfenchelöl Nr. 1826; Bitterfenchelkrautöl, Nr. 2380)

 

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