Botanische Bezeichnung
(Saat)-Lein oder Flachs – Linum usitatissimum L.
Familie
Leingewächse (Linaceae)
Wissenswertes zur Pflanze
Der Saat-Lein ist nur als Kulturpflanze bekannt. Er kommt in vielen verschiedenen Kulturformen vor und liefert die Leinsamen, das Leinöl und die Leinfaser. Als Stammpflanze gilt der nahe verwandte, im Mittelmeergebiet wachsende Wildlein L. angustifolium Huds. Der Saat-Lein gedeiht praktisch weltweit mit Ausnahme der äquatorialnahen Länder. Auch kann er bis zu einer Höhe von 1800 m angebaut werden. Der Ertrag an Leinsamen und Leinfaser ist allerdings stark von den klimatischen Bedingungen abhängig.
Der Gattungsname ist eine direkte Übersetzung von lat. ‚linum’ (= Lein, Flachs), usitatissimum stellt den Superlativ des lateinischen Wortes ‚usitatus’ (= gewöhnlich, gebräuchlich), abgeleitet von lat. ‚usus’ (= Gebrauch, Nutzen), dar und macht damit den hohen Nutzen dieser Pflanze deutlich.
Der Saat-Lein ist einjährig, wird ca. 1 m hoch und wirkt wegen seiner dünnen, schmal lanzettlichen, zugespitzten Blätter sehr zart. In den Blattachseln der oberen Blätter stehen rispig angeordnet die himmelblauen, 5-strahligen Blüten. Die Frucht reift zu einer 10-fächrigen Kapsel heran, in jedem Fach liegt ein brauner Samen. Je nach Kultursorte können die Blüten auch weiß, hellblau oder lila sein; Blütezeit ist Juni/Juli.
Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)
Verwendet werden die reifen, hellbraunen bis rötlichbraunen Samen (Leinsamen - Lini semen).
Die Droge des Handels stammt aus Kulturen in Marokko, Argentinien, Belgien, Ungarn und Indien.
Inhaltsstoffe der Droge
Leinsamen enthalten in der Samenschale Schleimstoffe, im Endosperm fettes Öl mit einem hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren.
Qualitätsbeschreibungen
Die Qualität der Leinsamen (Lini semen) ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt.
Medizinische Anwendung
Anerkannte medizinische Anwendung
Das HMPC hat die innerliche Anwendung von Leinsamen bei chronischer Verstopfung oder für den Fall, dass eine leichte Entleerung mit weichem Stuhl erforderlich ist, als „medizinisch anerkannt“ („well-established use“) akzeptiert. Aus Leinsamen hergestellte Schleimzubereitungen wurden vom HMPC als traditionelle pflanzliche Arzneimittel eingestuft (siehe auch „Traditionelle Anwendung“).
ESCOP: habituelle Obstipation (chronische Verstopfung) oder wenn eine leichte Darmentleerung mit weichem Stuhl erwünscht ist; außerdem unterstützend bei Fettstoffwechselstörungen (Dyslipidämie) und Bluthochdruck. Als Schleimzubereitung innerlich kurzfristig bei Gastritis (Magenschleimhautentzündung) und Enteritis (Darmentzündung) und zur Linderung der Symptome des Reizdarmvsyndroms (Colon irritabile); außerdem unterstützend bei Symptomen einer Divertikulitis. Als Schleimzubereitung äußerlich unterstützend bei schmerzhaften Entzündungen der Haut.
Diese Anwendungsgebiete stützen sich auf Erkenntnisse der langjährigen Anwendung am Menschen.
Kommission E: habituelle Obstipation, durch Abführmittelmissbrauch geschädigter Darm; außerdem bei Reizdarm (Colon irritabile) und Divertikulitis. Als Schleimzubereitung bei Gastritis (Magenschleimhautentzündung) und Enteritis (Darmentzündung). Äußerlich als heißer Breiumschlag (Kataplasma) bei Hautentzündungen.
Traditionelle Anwendung
Leinsamenschleim wurde vom HMPC als traditionelles pflanzliches Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft. Basierend auf langjähriger Erfahrung kann Leinsamenschleim für die Linderung leichter Magen-Darm-Beschwerden eingesetzt werden.
Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln
- ganzer oder aufgebrochener (geschroteter) Leinsamen
Dosierung
Bei Verstopfung 2- bis 3-mal täglich 1 Esslöffel (10 bis 15 g) von unzerkleinertem oder geschrotetem Leinsamen mit reichlich Flüssigkeit (!) einnehmen. Der Leinsamen kann auch in Wasser vorgequollen eingenommen werden. Während der Therapie mit Leinsamen muss in jedem Fall eine reichliche Flüssigkeitszufuhr gewährleistet sein.
Zur Bereitung des Schleims werden 5 bis 10 g Leinsamen mit kaltem Wasser 20 bis 30 Min. stehen gelassen. Danach wird die Flüssigkeit abgegossen. Für die äußerliche Anwendung als Umschlag werden 30 bis 50 g gemahlener Leinsamen zu einem feuchtheißen Brei verarbeitet.
Hinweise
Auf reichliche Flüssigkeitszufuhr ist zu achten!
Bei Verdacht auf Darmverschluss (Ileus), erkennbar an starken Unterleibsschmerzen mit Übelkeit und Erbrechen, und Verengung der Speiseröhre und im Magen-Darm-Bereich sowie bei akut entzündlichen Darmerkrankungen und Erkrankungen der Speiseröhre und des Mageneingangs darf Leinsamen nicht eingenommen werden.
Von einer Anwendung von Leinsamen bei Kindern unter 12 Jahren wird wegen mangelnder Erkenntnisse abgeraten.
Nebenwirkungen
Bei Beachtung der erhöhten Flüssigkeitszufuhr sind keine Nebenwirkungen zu erwarten, allenfalls Blähungen.
Wechselwirkungen
Leinsamen soll ½ bis 1 Stunde vor oder nach der Einnahme von anderen Arzneimitteln eingenommen werden, da sich ansonsten die Aufnahme anderer Arzneimittel aus dem Magen-Darm-Trakt verzögern kann.
Literaturhinweise
Drogenmonographien
HMPC (2015), ESCOP (2017), Kommission E (1984)
Weiterführende Literatur
Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Europäischen Arzneibuch (Leinsamen, Nr. 0095)