Arzneipflanzenlexikon

Ginseng

Ginseng
© Sertürner Bildarchiv

Botanische Bezeichnung

Koreanischer oder Echter Ginseng – Panax ginseng C.A. Mey.
Chinesischer Ginseng oder Notoginseng – Panax pseudoginseng (Burkill) F.H. Cheng
Amerikanischer Ginseng – P. quinquefolius L. [Syn.: Panax americanus (Raf.) Raf.]
Sibirischer Ginseng – Eleutherococcus senticosus (Rupr. & Maxim.) Maxim.

Familie

Efeugewächse (Araliaceae)

Wissenswertes zur Pflanze

„Ginseng“ ist die eingedeutschte Schreibweise des chinesischen Namens für den Koreanischen Ginseng: ‚schen-schen’ oder ‚schin-schen’. Der Name „Ginseng“ hat sich auch für andere Pflanzen eingebürgert, deren Wurzeln eine Kraft-spendende Eigenschaft haben - so der Chinesische Ginseng und der Amerikanische Ginseng. Die Kraft-spendende Eigenschaft kommt auch im Gattungsnamen Panax zum Ausdruck, was mit „alles heilend“ übersetzt werden kann, abgeleitet von gr. ‚pan’ (= alles) und ‚akos’ (= Heilmittel, Heilung). Der Chinesische Ginseng ist dem Koreanischen Ginseng ähnlich; deshalb trug er lange Zeit das Artepitheton pseudoginseng var. notoginseng, abgeleitet von gr. ‚pseudo’ (= täuschen), hier im Sinne von „vortäuschen“ (= täuscht Ginseng vor); der heute gültige Name ist P. notoginseng.

Die Gattung Eleutherococcus wird in der Literatur auch unter dem Synonym Acanthopanax geführt, sozusagen als „Panax mit Dornen“ (von gr. ‚acantha’ = Dorn). Im Deutschen wird Eleutherococcus senticosus wegen der ebenfalls Kraft-spendenden Wurzel auch als „Ginseng“ bezeichnet – Sibirischer Ginseng; die ihm anhaftenden Dornen sind im Artepitheton senticosus erhalten, was „dornenreich“ bedeutet, abgeleitet von lat. ‚sentis’ (= Dorn), mit dem Suffix ‚–osus‘ (= reich an).

Der Koreanische Ginseng (P. ginseng) wächst in den schattigen Gebirgswäldern Ostasiens von Nepal über Korea bis zur Mandschurei. Der Chinesische Ginseng (P. notoginseng) ist in den bergigen nordöstlichen Provinzen Chinas heimisch. Der Amerikanische Ginseng (P. quinquefolius) wächst in den schattigen, feuchten Wäldern im nördlichen und mittleren Teil Nordamerikas sowie in Teilen Kanadas. Verbreitungsgebiet des Sibirischen Ginsengs (Eleutherococcus senticosus) ist Ostsibirien und dort die Gebiete um Khabarovsk, Primorsk sowie das mittlere Amurgebiet.

Der Koreanische Ginseng ist eine 30 bis 80 cm hohe Pflanze mit rundem Stängel, an dem meist vier lang gestielte, 5-zählig gefingerte Blätter in einem endständigen Wirtel stehen. Je 15 bis 30 kleine weiß-grünliche Blüten stehen in Dolden. Aus den Fruchtknoten bilden sich etwa erbsengroße, kugelige, scharlachrote, glänzende Beeren, die je zwei Samen enthalten. Besonders charakteristisch ist die spindelförmige Wurzel mit geteilter Spitze, die der Gestalt eines Menschen ähnlich ist. Die anderen Panax-Arten sind im Habitus dem Koranischen Ginseng ähnlich, der Sibirische Ginseng (Eleutherococcus senticosus) ist ein 2 bis 3 m hoher Strauch mit bedornten Zweigen, Blattstielen und Blattnerven.

Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)

Verwendet werden jeweils die getrockneten Wurzeln. Der Koreanische Ginseng (Ginsengwurzel - Ginseng Radix) wird als Weißer und Roter Ginseng gehandelt. Beim Weißen Ginseng werden die Wurzeln nach der Ernte gewaschen und sofort getrocknet. Roten Ginseng erhält man, wenn man die Wurzeln nach der Ernte mehrere Stunden brüht, wodurch sie beim Trocknen dann hornartig durchscheinend werden und eine rötliche Farbe annehmen. Die Droge wird hauptsächlich aus Korea und China importiert.
Die Wurzeln des Chinesischen Ginseng (Notoginseng radix) werden aus China importiert, die Wurzeln des Amerikanischen Ginsengs sind bei uns nicht handelsüblich.
Die Wurzeln des Sibirischen Ginsengs (Eleutherococci radix), bei uns als „Taigawurzel“ im Handel, stammen aus Wildvorkommen in Russland. Siehe dazu die Monographie „Sibirischer Ginseng/Taigawurzel“!

Inhaltsstoffe der Droge

Die Wurzeln des Koreanischen Ginsengs enthalten Ginsenoside (bisdesmosidische Triterpensaponine vom Dammarantyp), Polyacetylene, Phenolcarbonsäuren, Peptido­glykane und Polysaccharide.
Die Wurzeln des Chinesischen Ginsengs enthalten Ginsenoside, Notoginsenoside, Polyacetylene und Polysaccharide.
Die Wurzeln des Sibirischen Ginsengs (Taigawurzel) enthalten Lignane, Hydroxycumarine, Triterpensaponine, Steroidglykoside, Phenylacrylsäure-Derivate und Polysaccharide (Eleutherane).

Qualitätsbeschreibungen

Die Qualität folgender Drogen bzw. Drogenzubereitungen ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt:

  • Ginsengwurzel (Ginseng radix)
  • Ginsengtrockenextrakt
  • Notoginsengwurzel (Notoginseng radix)
  • Taigawurzel (Eleutherococci radix)
Die Qualität von Ginsengtinktur (Ginseng tinctura) und Notoginseng-Trockenextrakt (Notoginseng radicis extractum siccum raffinatum) ist im Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC) festgelegt.

Medizinische Anwendung

Anerkannte medizinische Anwendung

Das HMPC hat Ginsengwurzel als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft (siehe „Traditionelle Anwendung“).
ESCOP: bei nachlassender geistiger und körperlicher Leistungsfähigkeit wie Schwäche, Erschöpfung, Müdigkeit und abnehmende Konzentrationsfähigkeit sowie während der Rekonvaleszenz.
Kommission E: Koreanischer Ginseng: als Tonikum zur Stärkung und Kräftigung bei Müdigkeits- und Schwächegefühl, nachlassender Leistungs- und Konzent­rations­fähigkeit sowie in der Rekonvaleszenz.

Notoginsengwurzel (Chinesischer-Ginseng-Wurzel) ist eine Droge der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM).
Anwendungsgebiete des Sibirischen Ginsengs (Taigawurzel) siehe die Monographie „Sibirischer Ginseng/Taigawurzel“!

Traditionelle Anwendung

Ginsengwurzel wurde vom HMPC als traditionelles pflanzliches Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft. Basierend auf langjähriger Erfahrung kann Ginsengwurzel bei Symptomen allgemeiner Kraftlosigkeit wie Erschöpfung und Schwäche eingesetzt werden.

Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln

Ginsengwurzel

Dosierung

Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufguss: mehrmals täglich über 3 bis 4 Wochen eine Tasse Ginsengtee trinken. Tagesdosis 3,0 bis 6,0 g Droge.

Bereitung eines Teeaufgusses

2 g fein geschnittene Ginsengwurzel mit ca. 150 mL siedendem Wasser übergießen und nach 5 bis 10 Min. abseihen.

Hinweise

Für die Anwendung von Ginsengwurzel während der Schwangerschaft und Stillzeit liegen noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor. Eine strenge Indikationsstellung ist daher wichtig. Von einer Anwendung bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren wird wegen mangelnder Erkenntnisse abgeraten.
Die Anwendungsdauer sollte wegen fehlender Langzeitstudien nicht länger als 3 Monate betragen. Bei Bluthochdruck ist Vorsicht geboten.

Nebenwirkungen

Sehr selten Übelkeit, Magenbeschwerden und leichter Durchfall

Wechselwirkungen

Über eine Interaktion mit Blutgerinnung hemmenden Arzneimitteln vom Cumarin-Typ (Phenprocoumon, Warfarin) wurde in einer einzelnen Publikation berichtet, der „Verdacht“ ließ sich bisher allerdings nicht bestätigen.

Literaturhinweise

Drogenmonographien

HMPC (2014, 2023), ESCOP (2023), Kommission E (1991), WHO (Vol. 1, 2, NIS)

Weiterführende Literatur

Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Europäischen Arzneibuch (Ginsengwurzel, Nr. 1523;
Ginsengtrockenextrakt, Nr. 2356; Taigawurzel, Nr. 1419; Notoginsengwurzel, Nr. 2383)

 

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