Botanische Bezeichnung
Ingwer – Zingiber officinale Roscoe
Familie
Ingwergewächse (Zingiberaceae)
Wissenswertes zur Pflanze
Ingwer ist in Südostasien heimisch und wird heute in zahlreichen Gebieten des Tropengürtels kultiviert. Das Gewürz gelangte schon im Altertum über arabische Händler nach Europa. Im 13. Jh. kam die Pflanze mit den Arabern nach Ostafrika und im 16. Jh. durch die Portugiesen nach Westafrika. Ingwer ist eine Staude, die sich mit ihren Rhizomen (Wurzelstock, unterirdische Sprossachse) vegetativ vermehrt. Aus den knolligen Abschnitten der Rhizome treiben bis 1m lange sterile, schilfartige Stängel, die von den Scheiden der 20 cm langen lineal-lanzettlichen Blättern umfasst werden. Einige kürzere Sprosse tragen Blütenstände mit endständigen gelben Blüten, die eine purpurfarbene Lippe haben.
Der Gattungsname Zingiber geht auf ein Sanskritwort ‚sringavera’ = ‚mit Geweihsprossen versehen’ zurück, womit das Rhizom, also der Wurzelstock, ganz gut beschrieben ist. Das Artepitheton officinalis lässt darauf schließen, dass es sich um eine alte Arzneipflanze handelt, denn die „Offizin“ ist der Verkaufsraum einer Apotheke und ‚officinalis’ bedeutet: in der Apotheke gebräuchlich.
Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)
Verwendet wird das knollige Rhizom (Ingwerwurzelstock - Zingiberis rhizoma), die anhaftenden fadenförmigen Wurzeln werden abgetrennt. Die Rhizomknollen werden gesäubert und von der äußeren Korkschicht befreit, dann in der Sonne getrocknet.
Drogenimporte kommen vorwiegend aus Süd-China.
Inhaltsstoffe der Droge
Ingwer enthält ein aromatisch riechendes ätherisches Öl und nichtflüchtige Scharfstoffe (Gingerole und Shogaole); außerdem reichlich Stärke.
Qualitätsbeschreibungen
Die Qualität des Ingwerwurzelstocks (Zingiberis rhizoma) ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt.
Die Qualität der Ingwertinktur (Zingiberis tinctura) ist im Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC) festgelegt.
Medizinische Anwendung
Anerkannte medizinische Anwendung
Das HMPC hat für Ingwerwurzelstock die Anwendung vorbeugend gegen Reisekrankheit mit Übelkeit und Erbrechen als „medizinisch anerkannt“ („well-established use“) akzeptiert; siehe auch „Traditionelle Anwendung“.
ESCOP: zur Vorbeugung von Übelkeit und Erbrechen bei Reisekrankheit oder im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft (unter ärztlicher Aufsicht); als postoperatives Antiemetikum.
Kommission E: dyspeptische Beschwerden; Verhütung der Symptome der Reisekrankheit.
Traditionelle Anwendung
Ingwerwurzelstock wurde vom HMPC für das nachfolgende Anwendungsgebiet als traditionelles pflanzliches Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft. Basierend auf langjähriger Erfahrung kann Ingwerwurzelstock zur Linderung der Symptome der Reisekrankheit und zur Behandlung leichter krampfartiger Magen-Darm-Beschwerden, die mit Blähungen und Flatulenz einhergehen, verwendet werden; siehe auch „Anerkannte medizinische Anwendung“.
Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln
- geschnittener Ingwerwurzelstock und Trockenextrakte zur Teebereitung
- pulverisierte Droge in Kapseln
- alkoholische Ingwerauszüge (auch Tinktur) in Kombination mit anderen Drogenextrakten in Tonika
Dosierung
Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufguss bei dyspeptischen Beschwerden und zur Appetitanregung: mehrmals täglich 0,5 bis 1 g Ingwer. Zur Vorbeugung der Symptome der Reisekrankheit: Erwachsene und Kinder über 6 Jahre nehmen 0,5 bis 2 g des pulverisierten Ingwer 30 Min. vor Reisebeginn ein.
Bereitung eines Teeaufgusses
0,5 bis 1 g grob gepulverten oder geschnittenen Ingwer mit ca. 150 mL siedendem Wasser übergießen, bedeckt 5 Min. stehen lassen und über ein Sieb abgießen.
Hinweise
In Studien mit schwangeren Frauen konnte gezeigt werden, dass Ingwerwurzelstock weder Missbildungen verursacht noch andere Foetus-toxische Eigenschaften aufweist. Trotzdem wird schwangeren Frauen von einer vorbeugenden Einnahme gegen Schwangerschaftserbrechen abgeraten. Auch sollen Kinder unter 6 Jahren wegen mangelnder Erkenntnisse Ingwerwurzelstock nicht einnehmen.
Nebenwirkungen
Leichte gastrointestinale Beschwerden sind möglich.
Wechselwirkungen
Keine bekannt
Literaturhinweise
Drogenmonographien
HMPC (2012, 2020), ESCOP (2009), Kommission E (1990), WHO Vol. 1
Weiterführende Literatur
Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Europäischen Arzneibuch (Ingwerwurzelstock, Nr. 1522)