Botanische Bezeichnung
Römische Kamille – Chamaemelum nobile (L.) All.
Familie
Korbblütler (Asteraceae)
Wissenswertes zur Pflanze
Die Römische Kamille ist in Süd- und Westeuropa sowie in Nordafrika beheimatet, in Mitteleuropa, so auch in Deutschland, ist sie eingebürgert. Auf die fremde Herkunft verweist der deutsche Name „Römische“ Kamille. Der Gattungsname Chamaemelum leitet sich vom lateinischen „chamaemelon“ (= Kamille) ab, das aus dem Griechischen übertragen wurde und „Erdapfel“ bedeutet, zurückzuführen auf den feinen apfelartigen Geruch der Blüten (gr. ‚chamai’ = am Boden, hingestreckt, niedrig; ‚melon’ = Apfel).
Die Römische Kamille wird 20 bis 50 cm hoch und trägt doppelt- bis 3-fach gefiederte Blätter mit länglichen Fiederblättchen. Die Blütenköpfchen haben einen Durchmesser von 2 bis 2,5 cm und stehen einzeln an langen Blütenstielen. Auf einem kegelförmig gewölbten Blütenboden stehen gelbe Röhrenblüten umgeben von 12 bis 15 weißen Zungenblüten. Damit sind sie den Blütenköpfchen der Echten Kamille sehr ähnlich. Im Unterschied zu dieser ist jedoch der Blütenboden mit Spreublättern besetzt und im Längsschnitt markig und nicht wie bei der Echten Kamille hohl. Die Kulturvarietät der Römischen Kamille, die zur Drogengewinnung angebaut wird, ist gefülltblütig, was bedeutet, dass sie deutlich mehr Zungenblüten in mehreren Kreisen stehend besitzt und nur wenige Röhrenblüten. Die Römische Kamille wächst gerne am Weg- und Ackerrand, auch an Rändern stehender Gewässer; Blütezeit ist Mai bis September.
Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)
Verwendet werden die getrockneten Blütenköpfchen der kultivierten, gefülltblütigen Varietät (Römische Kamille - Chamomillae romanae flos) mit ihrem typischen Geruch, der durch das darin enthaltene ätherische Öl verursacht wird. Es ist in Drüsenschuppen auf der Oberfläche der Blüten enthalten und wird frei, wenn man beim Zerreiben diese Drüsen verletzt.
Die im Handel befindliche Droge stammt aus Frankreich, Belgien und Polen.
Inhaltsstoffe der Droge
Römische Kamille enthält ätherisches Öl, Sesquiterpenlacton-Bitterstoffe, Flavonoide und Acetylene.
Qualitätsbeschreibungen
Die Qualität von Römischer Kamille (Chamomillae romanae flos) ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt.
Medizinische Anwendung
Anerkannte medizinische Anwendung
Das HMPC hat Römische Kamillenblüten als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft (siehe „Traditionelle Anwendung“).
ESCOP: innerlich bei leichten dyspeptischen Beschwerden wie Blähungen, Übelkeit, Flatulenz und Appetitlosigkeit; äußerlich bei leichten Entzündungen der Mundschleimhaut und der Haut (Wunden und Schürfwunden); gegen Juckreiz, bei Augenreizungen und Augenbeschwerden. Diese Anwendungsgebiete stützen sich auf Erkenntnisse der langjährigen Anwendung am Menschen.
Kommission E: Von der Kommission E erhielt die Römische Kamille eine Negativverabschiedung, da das damals vorliegende wissenschaftliche Erkenntnismaterial die Wirksamkeit nicht belegen konnte und die Droge ein mittelstarkes Sensibilisierungspotenzial besitzt; auch sind allergische Reaktionen möglich. Gegen die Verwendung in Teemischungen als Schmuckdroge (1%) ist nichts einzuwenden.
Traditionelle Anwendung
Römische Kamillenblüten wurden vom HMPC als traditionelles pflanzliches Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft. Basierend auf langjähriger Erfahrung können Römische Kamillenblüten zur Behandlung leichter krampfartiger Beschwerden im Magen-Darm-Bereich, die mit Blähungen und Flatulenz einhergehen, verwendet werden.
Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln
- Römische Kamillenblüten als Tee
- alkoholische Auszüge in flüssigen Zubereitungen
Dosierung
Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufguss: 3-mal täglich 1 Tasse frisch bereiteten Römischen Kamillentee zwischen den Mahlzeiten warm trinken; Tagesdosis bis zu 12 g Droge.
Bereitung eines Teeaufgusses
1 bis 4 g fein geschnittene Römische Kamille mit 150 mL kochendem Wasser übergießen und nach 10 Min. abseihen.
Hinweise
Bei bestehenden Allergien gegen Korbblütler (Asteraceae) sollte auf die Einnahme von Zubereitungen aus Römischen Kamillenblüten verzichtet werden (Kreuzallergie möglich).
Für die Anwendung von Römischer Kamille während der Schwangerschaft und Stillzeit liegen noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor; von einer Anwendung bei Kindern unter 12 Jahren wird wegen mangelnder Erkenntnisse abgeraten.
Nebenwirkungen
Allergische Reaktionen möglich
Wechselwirkungen
Römische Kamillenblüten sollten vorsichtshalber innerlich nicht angewendet werden, wenn Aspirin, Warfarin oder andere blutverdünnende Medikamente eingenommen werden müssen; ebenso nicht bei der Einnahme von Diazepam und anderen Benzodiazepinen.
Literaturhinweise
Drogenmonographien
HMPC (2012, 2020), ESCOP (2019), Kommission E (1993)
Weiterführende Literatur
Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Europäischen Arzneibuch (Römische Kamille, Nr. 0380)