Botanische Bezeichnung
Große Klette – Arctium lappa L.
Kleine Klette - Arctium minus (Hill) Bernh.
Filzige Klette - Arctium tomentosum Mill.
Familie
Korbblütler (Asteraceae)
Wissenswertes zur Pflanze
Verbreitungsgebiet der Kletten (Gattung Arctium) ist Europa und Westasien mit Ausnahme der tropischen Gebiete; nach Amerika wurden sie eingeschleppt. Kletten wachsen in Wäldern und auf Waldsteppen, in Mitteleuropa häufig an Wegrändern, Zäunen und in Flussschotter. Es handelt sich um großblättrige Korbblütler mit violetten Blütenköpfchen. Charakteristisch für Kletten sind die in mehreren Kreisen um das Blütenköpfchen herumstehenden Hüllblätter, deren Spitze in Widerhaken ausläuft. Mit diesen Widerhaken bleiben die reifen Fruchtstände am Haarkleid von Tieren hängen, leider oft auch an unserer Kleidung. Damit sichert sich die Pflanze die Verbreitung ihrer reifen Früchte. Trotzdem verbinden wir mit dem Wort „Klette“ immer etwas (unangenehm) Anhaftendes oder Klebriges, oft auch im übertragenen Sinne.
Das Blütenköpfchen der Großen Klette misst im Durchmesser 3 bis 5 cm, das Köpfchen der Kleinen Klette ist mit 1 bis 3 cm im Durchmesser deutlich kleiner (lat. ‚minus’ = kleiner). Die Hüllblätter der Filzigen Klette sind spinnwebig-wollig miteinander verbunden (lat. ‚tomentosus’ = filzig); bei dieser Art sind nur die äußeren Hüllblätter widerhakig. Die Wurzeln der Kletten sind fleischig, dick spindelförmig, bis 60 cm lang und ästig. Kletten blühen im Juli/August.
Der Gattungsname Arctium leitet sich von gr. ‚arctos’ = Bär her, weil die zottige Behaarung der Blätter, der Hüllblätter und der borstig-hakigen Früchte dem zottigen Fell der Bären ähnelt. Das Artepitheton lappa leitet sich vom lat. ‚lappa’ = Klette ab und unterstreicht noch einmal die anhaftende Eigenschaft der Früchte. Im Französischen heißt die Pflanze ‚Bardane’, was sich aus dem mittellateinischen ‚bardana’ (= Klette) ableitet. Dieser Sprachstamm findet sich in der ursprünglich gebräuchlichen Drogenbezeichnung „Bardanae radix“ (= Klettenwurzel) wieder.
Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)
Früher wurden die getrockneten Wurzeln aller drei Arctium-Arten, sowie die von verwandten Arten, ihren Hybriden oder Mischungen davon verwendet; heute ist im Europäischen Arzneibuch nur noch die Wurzel der Großen Klette (Arctium lappa) zugelassen (Klettenwurzel - Arctii radix). Auch ist die frühere Drogenbezeichnung „Bardanae radix“ nicht mehr gebräuchlich.
Die Wurzeln werden im Herbst des ersten Jahres oder im Frühjahr des zweiten Jahres gesammelt. Die Droge des Handels stammt aus Kulturen in Bulgarien, Polen und Ungarn.
Inhaltsstoffe der Droge
Klettenwurzeln enthalten 70% Kohlenhydrate (Inulin und Schleimstoffe); außerdem Lignane, Caffeoylchinasäuren, Polyacetylene, Flavonoide, Sesquiterpenlactone und etwas ätherisches Öl.
Qualitätsbeschreibungen
Die Qualität der Klettenwurzel (Arctii radix) ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt.
Medizinische Anwendung
Anerkannte medizinische Anwendung
Das HMPC hat Klettenwurzel als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft (siehe „Traditionelle Anwendung“).
ESCOP: innerlich unterstützend bei leichten Harnwegsbeschwerden durch Erhöhung der Harnmenge und damit zur Durchspülung der Harnwege; äußerlich bei seborrhoischer Haut, Ekzemen, Furunkeln und Akne. Diese Anwendungsgebiete stützen sich auf Erkenntnisse der langjährigen Anwendung am Menschen.
Kommission E: Von der Kommission E erhielt die Klettenwurzel eine Negativverabschiedung, da das damals vorhandene wissenschaftliche Erkenntnismaterial die Wirksamkeit nicht belegen konnte. Da von der Droge nach Erkenntnissen der Kommission E keine Risiken zu erwarten sind, wird die Beurteilung der Kommission E als sog. „Nullmonographie“ bezeichnet.
Traditionelle Anwendung
Klettenwurzel wurde vom HMPC als traditionelles pflanzliches Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft. Basierend auf langjähriger Erfahrung kann Klettenwurzel innerlich als harntreibendes Mittel zur Durchspülung der Harnwege bei leichten Harnwegsbeschwerden und zur Anregung des Appetits verwendet werden; äußerlich bei seborrhoischer Haut (= Talg absondernder Haut).
Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln
- geschnittene Klettenwurzel zur Bereitung eines Tees oder als Zusatz zu Bädern
- Fluidextrakt
- Tinktur
- Klettenwurzelöl (Haaröl): Extrakt mit Erdnussöl im Verhältnis 1:10 (warme Extraktion)
Dosierung
Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufguss: 1- bis 3-mal täglich 1 Tasse Klettenwurzeltee trinken. Für die äußerliche Anwendung wird 1-mal täglich Klettenwurzelöl aufgetragen.
Bereitung eines Teeaufgusses
2,5 g fein geschnittene oder pulverisierte Klettenwurzel mit 150 mL kaltem Wasser ansetzen und mehrere Stunden stehen lassen, dann ca. 1 Std. kochen und nach dem Erkalten abseihen.
Hinweise
Bei der Behandlung von Harnwegsbeschwerden mit Klettenwurzel muss reichlich Flüssigkeit getrunken werden! Beim Vorliegen von Ödemen infolge eingeschränkter Herz- und Nierentätigkeit soll eine Durchspülungstherapie mit Klettenwurzel nicht durchgeführt werden. Sollten während der Behandlung Fieber, Harnverhalten, Krämpfe beim Wasserlassen oder Blut im Urin auftreten, ist ärztlicher Rat einzuholen. Bei Hautproblemen und äußerlicher Anwendung von Klettenwurzel sollte, falls keine Besserung eintritt, nach spätestens 4 Wochen ärztlicher Rat eingeholt werden.
Bei bestehenden Allergien gegen Korbblütler (Asteraceae) sollte auf die Einnahme von Klettenwurzel-Zubereitungen verzichtet werden (Kreuzallergie möglich).
Für die Anwendung von Klettenwurzel während der Schwangerschaft und Stillzeit liegen noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor; von einer Anwendung bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren wird wegen mangelnder Erkenntnisse abgeraten.
Nebenwirkungen
Keine bekannt
Wechselwirkungen
Keine bekannt
Literaturhinweise
Drogenmonographien
HMPC (2011, 2020), ESCOP (2016), Kommission E (1990)
Weiterführende Literatur
Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Europäischen Arzneibuch (Klettenwurzel, Nr. 2943 – in Arbeit)