Arzneipflanzenlexikon

Kreuzdorn

Kreuzdorn
Foto: J. Rosse

Botanische Bezeichnung

Echter Kreuzdorn, Purgier-Kreuzdorn – Rhamnus cathartica L.

Familie

Kreuzdorngewächse (Rhamnaceae)

Wissenswertes zur Pflanze

Der Echte Kreuzdorn ist ein in Eurasien und Nordafrika heimischer, vielgestaltiger Strauch, in Nordamerika ist er eingewandert. Er wächst in Auwäldern und Erlenbrüchen, gerne auch an sonnigen steinigen Hängen.

Der Gattungsname Rhamnus leitet sich ab von gr. ‚rhamnos‘, ins Lateinische dann zu ‚rhamnus‘ abgewandelt und bezeichnet in beiden Sprachen einen dornigen Strauch. Das Artepitheton cathartica leitet sich ab von lat. ‚catharticus‘ (= abführend), zurückzuführen auf gr. ‚katharsis‘ (= kultische Reinigung, Läuterung). Damit wird die abführende Wirkung der Beeren des Kreuzdorns angesprochen, denn die getrockneten Beeren oder der daraus bereitete Sirup werden seit jeher als Abführmittel verwendet. Dieser Eigenschaft verdankt der Strauch auch seinen deutschen Namen „Purgier-Kreuzdorn“, abgeleitet vom lateinischen ‚purgare‘ (= reinigen).

Der Kreuzdorn ist ein bis 3 m hoher zweihäusiger Strauch oder Baum mit aufrechten Ästen, an denen fast kreuzgegenständig sparrig abstehende Zweige stehen; die Zweige enden an den Spitzen meist dornig (Kreuz-„dorn“). Die Blätter stehen schief kreuz­gegenständig, sie sind elliptisch bis rundlich mit bogigen Blattnerven. Gelblichgrün, aber eher klein und unscheinbar sind die Blüten, die zu mehreren in Büscheln an den Blattachseln stehen. Daraus entwickeln sich im Herbst erbsengroße schwarze Steinfüchte (fälschlicherweise „Beeren“ genannt) mit bis zu vier Steinkernen (hartschalige Samen). Auf dem Scheitel der Beeren sind rechtwinkelig kreuzende Furchen zu erkennen; darauf ist der Name „Kreuz“-dorn zurückzuführen, allerdings sind diese „Kreuze“ besser bei den noch unreifen Beeren zu erkennen. Blütezeit ist Mai bis Juni.

Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)

Verwendet werden die getrockneten, reifen Früchte (Kreuzdornbeeren – Rhamni cathartici fructus).
Die Droge des Handels stammt aus Wildbeständen Osteuropas.

Inhaltsstoffe der Droge

Kreuzdornbeeren enthalten Anthranoide (Hydroxyanthracen-Derivate, „Anthrachinone“), Flavonoide, Gerbstoffe, Mono- und Oligosaccharide, Pektine und Vitamin C.

Qualitätsbeschreibungen

Die Qualität von Kreuzdornbeeren (Rhamni cathartici fructus) ist im Deutschen Arzneibuch (DAB) festgelegt.

Medizinische Anwendung

Anerkannte medizinische Anwendung

Kreuzdornbeeren wurden bisher weder vom HMPC noch von der ESCOP bearbeitet.
Kommission E: bei Verstopfung (Obstipation).

Traditionelle Anwendung

Kreuzdornbeeren erhielten bisher keine Einstufung als traditionelles Arzneimittel im Sinne des § 39a AMG.

Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln

Zurzeit ist kein Fertigarzneimittel im Handel. Auf dem freien Markt sind die getrockneten Kreuzdornbeeren und auch eine Tinktur verfügbar.

Dosierung

Fertigpräparate: siehe Packungsbeilage bzw. Einnahmevorschrift;
Teeaufguss: vorzugsweise abends, evtl. auch morgens und mittags, 1 Tasse Kreuzdorn­beerentee trinken.

Bereitung eines Teeaufgusses

Ca. 4 g zerkleinerte getrocknete Kreuzdornbeeren mit 150 mL siedendem Wasser übergießen und nach 10 bis 15 min abseihen.

Hinweise

Kreuzdornbeeren dürfen nicht länger als 2 Wochen eingenommen werden (Darmhaut-reizendes Abführmittel), eine Daueranwendung verstärkt die Darmträgheit. Sinnvoll ist es, Kreuzdornbeeren nur 2- bis 3-mal pro Woche einzunehmen, jeweils abends.
Wegen der möglichen genotoxischen Eigenschaft verschiedener Anthranoide ist von einer Einnahme von Kreuzdornbeeren während der Schwangerschaft abzuraten. Auch ist der Übergang der Anthranoide in die Muttermilch nicht auszuschließen, sodass auch eine Einnahme von Kreuzdornbeeren während der Stillzeit nicht empfohlen ist. Ebenso sollen Kinder unter 12 Jahren Kreuzdornbeeren nicht einnehmen.
Kreuzdornbeeren sollen nicht eingenommen werden bei Darmverschluss, Blinddarm­entzündung, entzündlichen Darmerkrankungen (z.B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), abdominalen Schmerzen unbekannter Ursache und schweren Dehydratations­erscheinungen. Eine leichte Verfärbung des Urins während der Einnahme kann vor­kommen.

Nebenwirkungen

Mitunter krampfartige Magen-Darm-Beschwerden (Dosisreduktion!). Bei längerer Ein­nahme von Kreuzdornbeeren (Abführmittelmissbrauch) kann es zu Problemen mit dem Wasser- und Elektrolythaushalt kommen, insbesondere Kaliumverlust.

Wechselwirkungen

Bei Langzeitanwendung kann durch den Kaliummangel die Wirkung von Herzglykosiden verstärkt sowie die Wirkung von Antiarrhythmika beeinflusst werden. Möglicherweise Interaktionen mit gerinnungshemmenden Arzneimitteln wie Phenprocoumon (Marcurmar) und Warfarin wegen des Gehalts an antioxidativ wirksamen Inhaltsstoffen, die das Cyto­chrom P 450 hemmen können.

Literaturhinweise

Drogenmonographien

Kommission E (1993)

Weiterführende Literatur

Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Deutschen Arzneibuch (Kreuzdornbeeren)

 

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