Arzneipflanzenlexikon

Mädesüß

Mädesüß
Foto: Sertürner Bildarchiv

Botanische Bezeichnung

Echtes Mädesüß – Filipendula ulmaria (L.) Maxim. (Syn. Spiraea ulmaria L.)

Familie

Rosengewächse (Rosaceae)

Wissenswertes zur Pflanze

Das Echte Mädesüß ist in der gesamten gemäßigten nördlichen Zone verbreitet. So findet man es vom nördlichen Sibirien, dem Altai und der östlichen Mongolei bis Kleinasien, und in ganz Europa mit Ausnahme des äußersten Südens. Es wächst auf nassen, nähr­stoffreichen Böden, so auf Torfböden, Nasswiesen, in Auwäldern und an Gräben oder Bächen. Linné führte die Pflanze als Art der Gattung Spiraea (Spierstrauch), weshalb der synonyme Name Spiraea ulmaria L. auch heute in den Büchern noch genannt wird. Daher rührt auch die früher übliche Drogenbezeichnung „Spiraeae herba” bzw. „Spiraeae flos”. Spezifische Kennzeichen wie Anzahl der Fruchtblätter und höhere Samenzahl haben dazu geführt, eine eigene Gattung Filipendula zu bilden, was sich biochemisch und zytologisch bestätigen lässt.

Das Echte Mädesüß ist eine 50 bis 150 cm hohe Staude. Die lang gestielten, unpaarig gefiederten Blätter stehen wechselständig, die einzelnen Fiedern sind 2 bis 8 cm lang und doppelt gesägt, die Endfieder ist groß und dreilappig. Die kleinen, cremeweißen und stark duftenden Blüten stehen zahlreich in endständigen, vielstrahligen Doldentrauben oder doldigen Rispen. Blütezeit ist Juni bis August.

Der Gattungsname Filipendula leitet sich von lat. ,filum' (= Faden) und ,pendulus' (= hängend) ab und beschreibt die an den dünnen Wurzelfasern hängenden knolligen Verdickungen beim Kleinen Mädesüß (F. vulgaris). Das Artepitheton ulmaria nimmt Bezug auf die Ähnlichkeit der Fiederblättchen mit den Laubblättern der Ulme (lat. ,ulmarius' = ulmenartig). Der deutsche Name ,Mädesüß' kann als "Pflanze, die auf Mähwiesen (Mahd) wächst und lieblich duftet" erklärt werden. In der Tat haben die Blüten einen auffallend süß­lichen Duft. Wenn man die Blüten – auch Stängel und Blätter – mit den Fingern zerreibt, wird der Geruch zunehmend „synthetischer“. Dafür verantwortlich ist der in der Pflanze enthaltene Methylester der Salicylsäure.

Salicylsäure wurde erstmals von Karl Jacob Löwig 1853 aus den Mädesüßblüten isoliert und damals wegen seiner Herkunft aus Spiraea ulmaria als „Spiersäure” bezeichnet. Zunächst wurde die bittere und schleimhautreizende Spiersäure (= Salicylsäure) in Grammdosen gegen Gelenk­rheuma verwendet, später wandelte man das Molekül chemisch ab, um es wirksamer und verträglicher zu machen. Der große Durchbruch gelang 1897 der Firma Bayer mit der Synthese von Acetylsalicylsäure, die nun seit über 120 Jahren als Aspirin® erfolgreich auf dem Markt ist. Dabei steht ,A' für ,Acetyl' und ,spir' für ,Spiersäure', dem alten Namen für die Salicylsäure.

Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)

Verwendet werden die zur Blütezeit gesammelten, getrockneten Stängelspitzen bestehend aus Blüten, Stängeln und Blättern (Mädesüßkraut - Filipendulae ulmariae herba). Da nur die Stängelspitzen geerntet werden, dominiert der Anteil der Blüten. So wurde die Droge in den älteren Arzneibüchern als Flores Spiraeae bzw. Spiraeae flos (Mädesüßblüten) geführt. Besteht die Droge nur aus den Blüten, ist heute die Bezeichnung Filipendulae ulmariae flos - Mädesüßblüten korrekt.
Die Droge des Handels stammt aus Kulturen in osteuropäischen Ländern.

Inhaltsstoffe der Droge

Mädesüßkraut/Mädesüßblüten enthalten einfache Phenolglykoside (Glykoside von Salicylsäuremethylester und Salicylaldehyd), außerdem Flavonoide und Gerbstoffe.

Qualitätsbeschreibungen

Die Qualität des Mädesüßkrauts (Filipendulae ulmariae herba) ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt, die Qualität der Mädesüßblüten (Spiraeae flos) im Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC).

Medizinische Anwendung

Anerkannte medizinische Anwendung

Das HMPC hat Mädesüßkraut und Mädesüßblüten als traditionelle pflanzliche Arzneimittel eingestuft (siehe "Traditionelle Anwendung").
ESCOP: Mädesüßkraut: unterstützende Therapie bei banalen Erkältungen; Verstärkung der renalen Wasserausscheidung (wissenschaftlich allerdings nicht nachgewiesen).
Kommission E: Mädesüßkraut und -blüten: zur unterstützenden Behandlung von Erkäl­tungskrankheiten.

Traditionelle Anwendung

Mädesüßkraut bzw. Mädesüßblüten wurden vom HMPC als traditionelle pflanzliche Arznei­mittel (§ 39a AMG) eingestuft. Basierend auf langjähriger Erfahrung können Mäde­süßkraut/Mädesüßblüten unterstützend bei banalen Erkältungen und leichten Glieder­schmerzen eingesetzt werden.

Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln

  • geschnittenes Mädesüßkraut bzw. Mädesüßblüten als Tee

Dosierung

Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufguss: Mehrmals täglich eine Tasse Mädesüßkrauttee oder Mädesüßblütentee trinken; Tagesdosis 2 bis 18 g Mädesüßkraut, 2,5 bis 6 g Mädesüßblüten. Sinnvoll ist eine Kombination mit anderen Drogen, z. B. Lindenblüten, Holunderblüten, Kamillenblüten (Erkältungstee).

Bereitung eines Teeaufgusses

3 bis 6 g geschnittenes Mädesüßkraut oder 2 bis 4 g Mädesüßblüten mit ca. 150 mL sie­dendem Wasser übergießen und nach 5 bis 10 Min. abseihen.

Hinweise

Bei Überempfindlichkeit gegenüber Salicylaten (z. B. Aspirin®) darf Mädesüßkraut und Mädesüßblüten nicht eingenommen werden.
Für die Anwendung von Mädesüßkraut/-blüten während der Schwangerschaft und Stillzeit liegen noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor; von einer Anwendung bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren wird wegen mangelnder Erkenntnisse ab­geraten.

Nebenwirkungen

Keine bekannt

Wechselwirkungen

Keine bekannt

Literaturhinweise

Drogenmonographien

HMPC (2011, 2020), ESCOP (2016), Kommission E (1989)

Weiterführende Literatur

Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Europäischen Arzneibuch (Mädesüßkraut, Nr. 1868)

 

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