Arzneipflanzenlexikon

Ölbaum

Ölbaum
Foto: Sertürner Bildarchiv

Botanische Bezeichnung

Ölbaum, Olivenbaum – Olea europaea L.

Familie

Ölbaumgewächse (Oleaceae)

Wissenswertes zur Pflanze

Der Ölbaum ist eine alte Kultur- und Charakterpflanze des Mittelmeerraums, die sich von einer mediterranen Wildsippe, der Olea europaea var. sylvestris Brot. ableitet. Die In­kulturnahme des Baumes liegt viele Jahrtausende zurück und fand vermutlich im östlichen Mittelmeerraum statt. Heute werden weltweit etwa 300 verschiedene Ölbaum-Varietäten für die Gewinnung von Tafeloliven und Olivenöl kultiviert. Diese Produkte stellen einen sehr wichtigen Erwerbszweig der Mittelmeerländer dar, insbesondere für Spanien, Italien und Griechenland.

Der Ölbaum ist ein sehr vitaler Baum, stellt wenig Ansprüche an Boden und Klima und wird mehrere hundert Jahre alt. Während seiner gesamten Lebenszeit kann er auch genutzt werden. Sein Stamm ist knorrig und häufig gedreht. Auch wenn das innere Holz des Stammes abstirbt und hohl wird, treibt er immer wieder neue Äste. Der Ölbaum wird ca. 20 m hoch und entwickelt eine weit ausladende, lichte Krone. Seine Blätter sind schmal, oberseits graugrün, unterseits silbrig weiß, gegenständig an den Zweigen sitzend. Nach dem zweiten Jahr fallen sie ab. Die gelblich-weißen Blüten stehen rispenartig an blattachselständigen Kurztrieben, im Juni blühen sie, von Oktober bis Dezember reifen die Oliven heran. Es sind einsamige Steinfrüchte, je nach Sorte grün oder blauschwarz, einer kleinen Pflaume ähnlich; pro Baum und Jahr können 60 bis 65 kg Oliven geerntet werden.

Mit dem Ölbaum verbindet sich seit der europäischen Frühgeschichte ein hoher Symbolwert. So galten seine Zweige als Zeichen des Friedens, auch wurde bei frühen Olympiaden den Siegern ein Kranz aus Olivenblättern umgelegt.

Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)

Verwendet werden die getrockneten Blätter (Ölbaumblätter - Oleae folii) und das Öl der Früchte (Olivenöl - Olivae oleum).
Die Blätter werden vorwiegend aus Spanien importiert, Olivenöl auch aus anderen europäischen und nordafrikanischen Mittelmeerländern.

Inhaltsstoffe der Droge

Ölbaumblätter enthalten phenolisch veresterte Secoiridoide, hauptsächlich Oleuropein, ein glykosidisch gebundener Ester der Elenolsäure mit Hydroxytyrosol; außerdem freies Tyrosol und Hydroxytyrosol sowie Flavonoide. Beim Trocknen und Aufarbeiten der Ölbaum­blätter bildet sich aus Oleuropein durch Ringöffnung das Diacetal Oleacein.
Die mengenmäßig wichtigste Fettsäure des Olivenöls ist die Ölsäure (nach Verseifen des Öls 56 bis 86 %).

Qualitätsbeschreibungen

Die Qualität folgender Drogen bzw. Drogenzubereitungen ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt:

  • Ölbaumblätter (Oleae folium)
  • Ölbaumblättertrockenextrakt (Oleae folii extractum siccum)
  • Natives Olivenöl (Olivae oleum virginale)
  • Raffiniertes Olivenöl (Olivae oleum raffinatum)

Medizinische Anwendung

Anerkannte medizinische Anwendung

Das HMPC hat Ölbaumblätter als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft (siehe „Traditionelle Anwendung“).
ESCOP: Ölbaumblätter wurden bisher nicht bearbeitet
Von der Kommission E erhielten Ölbaumblätter und Olivenöl eine Negativverabschiedung, da das damals vorliegende wissenschaftliche Erkenntnismaterial deren Wirksamkeit nicht belegen konnte. Da jedoch nach Erkenntnissen der Kommission E weder von Öl­baum­blättern noch vom Olivenöl Risiken zu erwarten sind, werden diese Beurteilungen als „Nullmonographie“ bezeichnet.

Volksheilkundlich werden Ölbaumblätter gegen hohen Blutdruck, Gicht, Arteriosklerose und Rheumatismus verwendet. Für die blutdrucksenkende Eigenschaft werden das in den Blättern enthaltene Oleuropein und das daraus beim Trocknen entstehende Oleacein verantwortlich gemacht. In Tierversuchen mit Ölbaumblattextrakten und einigen daraus isolierten Iridoiden, bestätigte sich die Blutdruck senkende Eigenschaft; klinische Studien liegen jedoch nicht vor, weshalb die Wirksamkeit als noch nicht belegt gilt. Siehe auch „Traditionelle Anwendung“.
Olivenöl wird pharmazeutisch als Auszugsmittel für die Herstellung von Ölharzen verwendet (z.B. Cayennepfefferölharz) und in gereinigter Form für die Herstellung paren­teraler Zubereitungen (Injektionen).

Traditionelle Anwendung

Ölbaumblätter wurden vom HMPC als traditionelles pflanzliches Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft. Basierend auf langjähriger Erfahrung können Ölbaumblätter zur Förderung der renalen Wasserausscheidung (Diurese) bei leichtem Harnverhalten verwendet werden.
Registrierung als traditionelles Arzneimittel: Traditionell angewendet zur Unterstützung der Herz-Kreislauf-Funktion.

Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln

  • geschnittene Ölbaumblätter zur Teebereitung
  • pulverisierte Ölbaumblätter in Dragees
  • Trockenextrakt in Tabletten

Dosierung

Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufguss: 3- bis 4-mal täglich 1 Tasse Ölbaumblättertee trinken.

Bereitung eines Teeaufgusses

2 bis 5 g fein geschnittene Ölbaumblätter mit 150 mL mit siedendem Wasser versetzen und nach 30 Min. abseihen.

Hinweise

Liegen schwere Herz- oder Nierenerkrankungen vor, dürfen Ölbaumblätter nicht ein­genommen werden.
Für die Anwendung von Ölbaumblättern während der Schwangerschaft und Stillzeit liegen keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor; von einer Anwendung bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren wird wegen mangelnder Erkenntnisse abgeraten.

Nebenwirkungen

Allergische Reaktionen möglich

Wechselwirkungen

Keine bekannt

Literaturhinweise

Drogenmonographien

HMPC (2018), Kommission E (1991)

Weiterführende Literatur

Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Europäischen Arzneibuch (Ölbaumblätter, Nr. 1878; Ölbaum­blättertrockenextrakt, Nr. 2313; Natives Olivenöl, Nr. 0518; Raffiniertes Olivenöl, Nr. 1456)

 

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