Arzneipflanzenlexikon

Rhabarber

Rhabarber
© Sertürner Bildarchiv

Botanische Bezeichnung

Medizinal-Rhabarber – Rheum palmatum L.
Chinesischer Rhabarber – Rheum officinale Baill.

Familie

Knöterichgewächse (Polygonaceae)

Wissenswertes zur Pflanze

Der Medizinal-Rhabarber (auch Handlappiger Rhabarber) ist in den Gebirgen Nordosttibets und Nordwestchinas heimisch, der Chinesische Rhabarber stammt aus Südosttibet, Südwestchina und Myanmar. Beide Arten kamen im 12. Jahrhundert über Indien nach Europa. Bei uns werden sie heute als Zierstaude und Arzneipflanze kultiviert.
Bei ihrer Wanderung nach Westen bringt die Pflanze den persischen Namen ‚rêwend’ (= Rhabarberart) mit, der im Griechischen zu ‚rhêon’ und im Lateinischen zu ‚rheum’ wird. ‚Rhâ’ ist der alte Namen der Wolga. Entweder vermutete man dort den Anbau der Pflanze oder der Export wurde über die Wolga abgewickelt. Dies führt zum mittellateinischen ‚ra-’, verbunden mit lat. ‚barbarus’ (= ausländisch, fremd) wird daraus „Rhabarber“. Das Artepitheton palmatum spielt auf die palmenförmigen Blätter der Pflanze an, officinalis lässt darauf schließen, dass es sich um eine alte Arzneipflanze handelt, denn die „Offizin“ ist der Verkaufsraum einer Apotheke und ‚officinalis’ bedeutet: in der Apotheke gebräuchlich.

Der Medizinalrhabarber ist dem Gartenrhabarber, dessen Blattstiele man gekocht in Form eines Kompotts gerne verzehrt, recht ähnlich. Seine großen Blätter sind handförmig gelappt, oberseits rau, die Blattstiele fast rund. Die beblätterten Blütenschäfte ragen mit über 1.50 m Höhe weit über das Blattwerk heraus und tragen zahlreiche kleine rosa Blüten in blütenreichen Rispen angeordnet. Der Chinesische Rhabarber hat rundliche bis nierenförmige Blätter, die Blüten sind grünlich. Blütezeit beider Arten ist Mai bis Juni.

Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)

Verwendet werden die getrockneten unterirdischen Teile beider Arten (Rhabarberwurzel – Rhei radix). Die Droge besteht aus der rübenförmigen Wurzel und wird häufig gespalten und von der Außenrinde samt Seitenwurzeln befreit gehandelt.
Die Droge des Handels stammt aus China und Indien.

Inhaltsstoffe der Droge

Rhabarberwurzel enthält Anthranoide (Hydroxyanthracen-Derivate, „Anthrachinone“), hauptsächlich Glykoside des Rheins, Rheumemodins, Aloeemodins und des Chrysophanols; außerdem Gerbstoffe.

Qualitätsbeschreibungen

Die Qualität folgender Drogen bzw. Drogenzubereitungen ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt:

  • Rhabarberwurzel (Rhei radix)
  • Eingestellter (standardisierter) Rhabarbertrockenextrakt (Rhei extractum siccum normatum)

Medizinische Anwendung

Anerkannte medizinische Anwendung

Das HMPC hat die innerliche Anwendung von Rhabarberwurzel zur kurzfristigen Behand­lung gelegentlich auftretender Obstipation (Verstopfung) als „medizinisch anerkannt“ („well-established use“) akzeptiert.
ESCOP: für eine kurzfristige Behandlung bei gelegentlich auftretender Verstopfung.
Kommission E: bei Verstopfung (Obstipation).

Durch klinische Daten belegte Anwendungsgebiete für alkoholische Auszüge der Rhabarberwurzel (Zulassung): äußerlich in Form von Pinselungen bei Entzündungen des Zahnfleischs und der Mundschleimhaut.

Traditionelle Anwendung

Entfällt

Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln

  • geschnittene oder grob pulverisierte Rhabarberwurzel als Tee
  • auf Anthranoide (Rhein) standardisierte Rhabarberwurzel-Trockenextrakte gelöst in flüssigen Arzneiformen zur äußeren Anwendung (Pinselung des Zahnfleischs)

Dosierung

Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufguss: 20 bis 30 mg Anthranoide sind für die abführende Wirkung ausreichend. Dies wird durch einen Teeaufguss aus 1 bis 2 g grob pulverisierter Rhabarberwurzel erreicht. Der Tee ist abends vor dem Schlafengehen zu trinken. Sinnvoll ist eine Kombination mit an­deren Drogen wie Sennesblätter (wirkt auch abführend) oder Kümmel (gegen Blähungen).

Bereitung eines Teeaufgusses

1 bis 2 g grob pulverisierte Rhabarberwurzel mit ca. 150 mL siedendem Wasser übergießen und nach 5 Min. abseihen.

Hinweise

Rhabarberwurzel darf nicht länger als 2 Wochen eingenommen werden (Darmhaut-reizendes Abführmittel), eine Daueranwendung verstärkt die Darmträgheit. Sinnvoll ist es, Rhabarberwurzel nur 2- bis 3-mal pro Woche einzunehmen, jeweils abends.
Rhabarberwurzel soll nicht eingenommen werden bei Darmverschluss, Blind­darm­entzündung, entzündlichen Darm­erkrankungen (z.B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), auch nicht bei ab­dominalen Schmerzen unbekannter Ursache und schweren Dehydratations­erscheinungen. Eine leichte Verfärbung des Urins während der Einnahme von Rhabarber­wurzel kann vorkommen.
Obwohl bisher keine Berichte über unerwünschte oder schädigende Wirkung durch Rhabarberwurzel bei Schwangeren und auf den Fötus vorliegen, ist wegen der möglichen genotoxischen Eigenschaft verschiedener Anthranoide von einer Einnahme von Rhabarber­wurzel während der Schwangerschaft abzuraten. Auch ist der Übergang der Anthranoide in die Muttermilch nicht auszuschließen, sodass auch eine Einnahme von Rhabarberwurzel während der Stillzeit nicht empfohlen ist. Ebenso sollen Kinder unter 12 Jahren Rhabarberwurzel nicht einnehmen.

Nebenwirkungen

Selten krampfartige Magen-Darm-Beschwerden (Dosisreduktion!). Bei längerer Einnahme von Rhabarberwurzel (Abführmittelmissbrauch) kann es zu Problemen mit dem Wasser- und Elektrolythaushalt kommen, insbesondere zu Kaliumverlusten. Auch können dann Eiweiß und Blut im Urin auftreten (Albuminurie, Hämaturie). Bei chronischem Gebrauch kommt es zu (reversiblen) Pigmenteinlagerungen in die Darmschleimhaut.

Wechselwirkungen

Bei chronischem Gebrauch von Rhabarberwurzel (Abführmittelmissbrauch) kann es durch den Kaliummangel zur Verstärkung der Wirkung von Digitalispräparaten (Präparate mit Herzglykosiden) kommen, auch kann die Wirkung von Antiarrhythmika beeinflusst werden. Durch gleichzeitige Einnahme von Thiaziddiuretika, Nebenrindensteroiden und Süß­holz­wurzel kann der Kaliumverlust noch verstärkt werden.

Literaturhinweise

Drogenmonographien

HMPC (2020, 2022), ESCOP (2019), Kommission E (1993), WHO Vol. 1

Weiterführende Literatur

Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Europäischen Arzneibuch (Rhabarberwurzel, Nr. 0291; Eingestellter Rhabarbertrockenextrakt, Nr. 1845)

 

Adonisröschen    Afrikanischer Pflaumenbaum    Aloe    Andorn    Angelica    Anis    Arnika    Artischocke    Augentrost    Australischer Teebaum    Bärentraube    Baldrian    Beinwell    Belladonna    Benediktenkraut    Bilsenkraut    Birke    Bitterklee    Bittersüßer Nachtschatten    Blutweiderich    Blutwurz    Bockshornklee    Boldostrauch    Brechwurz    Brennnessel    Brombeere    Bruchkraut    Buchweizen    Cannabis    Cayennepfeffer    Chinarindenbaum    Cranberry    Digitalis    Diptam-Dost    Dost    Echinacea    Efeu    Ehrenpreis    Eibisch    Eiche    Eisenkraut    Eleutherococcus    Engelsüß    Engelwurz    Enzian    Ephedra    Erdbeere    Erdrauch    Esche    Eukalyptus    Färberdistel    Faulbaum    Fenchel    Fichte    Fingerhut    Flohkraut / Flohsamen-Wegerich    Frauenmantel    Gänsefingerkraut    Gartenbohne    Gelbwurz    Gewürznelken    Ginkgo    Ginseng    Gliedkraut    Goldrute    Grindelia    Gundelrebe / Gundermann    Habichtskraut    Hafer    Hagebutte    Hamamelis    Hanf    Hauhechel    Heidelbeere    Herzgespann    Hibiscus    Himbeere    Hirtentäschel    Holunder    Hopfen    Huflattich    Indischer Hanf    Indischer Wegerich / Indisches Flohsamen-Kraut    Indischer Weihrauch    Ingwer    Ipecacuanha    Iris    Isländisches Moos    Johannisbeere    Johanniskraut    Kamille    Kamille, Römische    Kapland-Pelargonie    Kapuzinerkresse    Kastanie    Katzenbart    Katzenpfötchen    Kava-Kava    Kiefer    Klette    Knoblauch    Königskerze    Kolabaum    Krauseminze    Kretischer Dost    Kreuzdorn    Kümmel    Kürbis    Kurkuma    Labkraut    Latsche    Lavendel    Lein    Liebstöckel    Linde    Löwenzahn    Lungenkraut    Mädesüß    Mäusedorn    Maiglöckchen    Majoran    Malve    Mariendistel    Mastix    Mate-Teestrauch    Meerrettich    Meerträubel    Meerzwiebel    Melisse    Minze    Mistel    Mönchspfeffer    Moosbeere    Mutterkraut    Myrrhe    Nachtkerze    Odermennig    Ölbaum    Orthosiphon    Passionsblume    Pelargonie    Perubalsam    Pfefferminze    Pflaumenbaum, afrikanischer    Preiselbeere    Primel    Quecke    Quendel    Rauschpfeffer    Rhabarber    Ringelblume    Rizinus    Römische Kamille    Rose    Rosenwurz    Rosmarin    Rosskastanie    Ruhrkraut    Sägepalme    Safran    Salbei    Schachtelhalm    Schafgarbe    Schlafmohn    Schlehdorn    Schleifenblume    Schlüsselblume    Schöllkraut    Schwarznessel    Schwertlilie    Senf    Senna / Sennespflanze    Sibirischer Ginseng    Sideritis    Sojalecithin    Sojapflanze    Sonnenhut    Sonnentau    Spitzwegerich    Stechapfel    Steinklee    Stiefmütterchen    Strohblume    Süßholz    Taigawurzel    Tang / Algen    Taubnessel    Tausendgüldenkraut    Teebaum    Teestrauch    Teufelskralle    Thymian    Tollkirsche    Tolubalsam    Traubensilberkerze    Tüpfelfarn    Vogelknöterich    Wacholder    Walnuss    Wegrauke    Wegwarte    Weide    Weidenröschen    Weihrauch    Weinrebe    Weißdorn    Wermut    Wunderbaum    Zauberstrauch    Zimt-Baum    Zistrose    Zwiebel