Arzneipflanzenlexikon

Taubnessel

Taubnessel
Foto © P. Schönfelder

Botanische Bezeichnung

Weiße Taubnessel - Lamium album L.

Familie

Lippenblütler (Lamiaceae)

Wissenswertes zur Pflanze

Die Weiße Taubnessel ist von Portugal aus durch Europa und Asien bis zum Himalaya und Japan heimisch, fehlt aber im hohen Norden. In Nordamerika ist sie eingebürgert. Sie besiedelt gerne typische Ruderalstandorte, also vom Menschen beeinflusste Standorte, wie Schutt- und Hofplätze, Weg- und Straßenränder sowie Bahndämme, Hecken und Zäune.

Der Gattungsname Lamium, abgeleitet von gr. ,lamos' (= Schlund, Rachen) oder von gr. ,lamia' = großer, gefräßiger Meeresfisch (Hai), bezieht sich auf die Blüte. Die Blütenkrone, eine ca. 2 cm große weiße Kronröhre (lat. ,albus' = weiß) steckt in einem 5-zipfeligen Kelch, ist rachenförmig mit einer großen, gewölbten Oberlippe und einer etwas längeren dreispaltigen Unterlippe. Wegen dieser ausgeprägten und perfekten Blütenform wurde der Gattungsname Lamium in den 1970er Jahren zur lateinischen Familienbezeichnung der Lippenblütler erhoben: die Lamiaceae hießen bis dahin „Labiatae”.
Der Stängel der etwa 40 cm hohen Pflanze ist wie bei allen Lippenblütlern vierkantig, die herzförmigen Blätter mit gezähntem Blattrand stehen daran kreuzgegenständig. Die Blüten sitzen als Quirle in den Blattachseln. Solange die Taubnessel nicht blüht, sieht sie der Brennnessel zum Verwechseln ähnlich; da aber ihre Blätter nicht „brennen“ - die Brenn­nessel hat Brennhaare(!), ist sie eine „tote“ Nessel oder eben eine „taube“ Nessel“. Blütezeit ist April bis August.

Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)

Verwendet werden sowohl die weißen Blüten (Taubnesselblüten - Lamii albi flos) als auch das Kraut bestehend aus Stängeln, Blättern und Blüten (Taubnesselkraut - Lamii albi herba). Die Drogen werden aus osteuropäischen Ländern importiert.

Inhaltsstoffe der Droge

Taubnesselblüten und Taubnesselkraut enthalten Iridoide, Flavonole, Phenylpropanderivate und Schleimstoffe.

Qualitätsbeschreibungen

Die Qualität folgender Drogen bzw. Drogenzubereitungen ist im Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC) festgelegt:

  • Taubnesselblüten (Lamii albi flos)
  • Taubnesselkraut (Lamii albi herba)

Medizinische Anwendung

Anerkannte medizinische Anwendung

Taubnesselkraut/Taubnesselblüten wurden bisher weder vom HMPC noch von der ESCOP bearbeitet.

Taubnesselblüten:
Kommission E: innerlich bei Katarrhen der oberen Luftwege; äußerlich bei Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut sowie bei unspezifischem Fluor albus (Mundfluor); leichte oberflächliche Entzündungen der Haut.

Taubnesselkraut:
Von der Kommission E erhielt Taubnesselkraut eine Negativver­abschiedung, da das damals vorhandene wissenschaftliche Erkenntnismaterial die Wirk­samkeit nicht belegen konnte. Nach Erkenntnissen der Kommission E sind von der Droge allerdings keine Risiken zu erwarten, weswegen die Beurteilung der Kommission E als sog. „Nullmonographie” bezeichnet wird. Es wird darin auf die Anwendung von Taub­nesselblüten verwiesen.

Traditionelle Anwendung

Taubnesselblüten/Taubnesselkraut erhielten bisher keine Einstufung als traditionelles Arzneimittel im Sinne des § 39a AMG.

Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln

  • Taubnesselblüten zur Teebereitung; gelegentlich Bestandteil von Bronchialtees
    (4 g/100 g Teemischung)

Dosierung

Fertigarzneimittel: entfällt
Teeaufguss: zum Schleimlösen mehrmals täglich 1 Tasse Taubnesselblütentee, mit Honig gesüßt, trinken; Tagesdosis 3 g Droge.
Der Teeaufguss kann auch für Spülungen und feuchte Umschläge verwendet werden; für ein Sitzbad werden 5 g Taubnesselblüten verwendet.

Bereitung eines Teeaufgusses

1 g fein geschnittene Taubnesselblüten mit ca. 150 mL kochendem Wasser übergießen und nach 5 Min. abseihen.

Hinweise

Für die Anwendung von Taubnesselblüten während der Schwangerschaft und Stillzeit liegen noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor; von einer innerlichen Anwendung bei Kindern unter 12 Jahren wird wegen mangelnder Erkenntnisse abgeraten – diese Symptomatik gehört in ärztliche Hände.

Nebenwirkungen

Keine bekannt

Wechselwirkungen

Keine bekannt

Literaturhinweise

Drogenmonographien

Kommission E (1987, 1993)

Weiterführende Literatur

Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen

 

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