Arzneipflanzenlexikon

Chinarindenbaum

Chinarindenbaum
Foto: aus Hänsel/Hölzl

Botanische Bezeichnung

Roter Chinarindenbaum, Fieberrindenbaum – Cinchona pubescens Vahl (Syn.: C. succirubra Pav.)

Familie

Rötegewächse (Rubiaceae)

Wissenswertes zur Pflanze

Der Rote Chinarindenbaum kommt in Wäldern Zentralamerikas (Venezuela, Equador) und im tropischen Südamerika vor und wächst dort in den Bergwäldern der Anden. Seit langem wird er auch weltweit in den Tropen angebaut, heute vorwiegend in Indien, Java und China.

Der Gattungsname Cinchona geht ursprünglich auf span. ‚quinaquina‘ (= Rinde der Rinden) zurück; Linné deutete jedoch den Namen nach dem Namen der Gattin des Grafen von Chinchón (Vizekönig von Peru) um. Diese wurde mit der Rinde dieses Baumes vom Wechselfieber geheilt (dt. Name: Fieberrindenbaum!). Mit ihrer Rückkehr nach Spanien im Jahr 1638 trug die Gräfin wesentlich zum Bekanntwerden der Wirkung dieser Rinde bei. Volksetymologisch wurde dieses Heilmittel dann zu „Chinarinde“ umgebildet; der Hauptwirkstoff, ein sehr bitter schmeckendes Alkaloid, erhielt dann den Namen „Chinin“.

Die fiebersenkende Wirkung der Rinde war auch schon bei den Ureinwohnern der Anden bekannt, weshalb die Rinde immer schon gegen Malaria eingenommen wurde. Besondere Bedeutung erhielt sie zur Zeit der Kolonialisierung, weil die Besatzungstruppen und viele Tropen­landwirte dem Tropenklima und den damit verbundenen Krankheiten ausgesetzt waren. 1827 wurde erstmals aus der Rinde das Chinin isoliert, das dann später auch als Reinstoff gegen Malaria eingesetzt wurde. Die Bitterstoffe der Rinde werden heute auch als Zusatz zu Likören und Tonicwässern genutzt (Tonic Water, Bitter Lemon).

Der Chinarindenbaum ist 8 bis 15 m hoch, die großen eiförmigen Blätter sind ganzrandig und stehen gegenständig an den Zweigen. Die Blüten stehen in endständigen und blatt­achselständigen Rispen. Sie bestehen aus einer hellrosa, seidig behaarten Kronröhre mit 5 abstehenden, behaarten Lappen (pubescens = behaart, flaumhaarig), umgeben von einem ebenfalls behaarten Kelch. Die Frucht ist eine Kapsel mit geflügelten Samen.

Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)

Verwendet wird die getrocknete Stamm-, Ast- und Zweigrinde (Chinarinde – Chinae cortex).
Die Droge des Handels stammt aus Kulturen.

Inhaltsstoffe der Droge

Chinarinde enthält verschiedene Indol-Alkaloide, Hauptalkaloid ist das Chinin, die Neben­alkaloide sind Chinidin, Cinchonin und Cinchonidin; außerdem sind Cate­chin­gerbstoffe, Gerbstoffvorstufen und Bitterstoffe vom Triterpentyp (Chinovoside) enthalten.

Qualitätsbeschreibungen

Die Qualität folgender Drogen bzw. Drogenzubereitungen ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt:

  • Chinarinde (Cinchonae cortex)
  • Eingestellter Chinarindenfluidextrakt (Cinchonae extractum fluidum normatum)
Laut Arzneibuch darf auch die Rinde von Cinchona calisaya Wedd. und C. ledgeriana Moens ex Trimen oder die Rinde von deren Varietäten und Hyb­riden verwendet werden.

Die Qualität von „Zusammengesetzte Chinatinktur (Cinchonae tinctura composita)“ ist im Deutschen Arzneibuch (DAB) festgelegt; die Qualität von „Eingestellte Chinarindentinktur (Cinchonae corticis tinctura normata)“ im Deutschen Arznei­mittel-Codex (DAC).

Medizinische Anwendung

Anerkannte medizinische Anwendung

Chinarinde wurde weder vom HMPC noch von der ESCOP bearbeitet.
Kommission E: Appetitlosigkeit; dyspeptische Beschwerden wie Blähungen und Völle­gefühl.
Früher wurde Chinarinde gegen Fieber eingesetzt (Fieberrindenbaum!), was heute wegen der Entwicklung besser geeigneter fiebersenkender Mittel nicht mehr zeitgemäß ist. Phytotherapeutisch wird Chinarinde heute als Bitterstoffdroge bei Appetitlosigkeit und Verdauungsbeschwerden verwendet.

Traditionelle Anwendung

Chinarinde erhielt bisher keine Einstufung als traditionelles Arzneimittel im Sinne des § 39a AMG.

Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln

  • geschnittene Chinarinde zur Teebereitung
  • Tinktur in Tropfen
  • Cinchona homöopathische Urtinktur in Tropfen

Dosierung

Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufguss: 2- bis 3-mal täglich 1 Tasse Chinarindenteeaufguss 30 Minuten vor der Mahl­zeit trinken; bei Verdauungsbeschwerden nach den Mahlzeiten eine Tasse trinken.

Bereitung eines Teeaufgusses

1 g fein geschnittene Chinarinde mit 150 mL siedendem Wasser übergießen und nach 10 Min. abseihen.

Hinweise

Für die Anwendung von Chinarinde während der Schwangerschaft und Stillzeit liegen noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor; von einer Anwendung bei Kindern unter 12 Jahren wird wegen mangelnder Erkenntnisse abgeraten.
Bei Magen- und Darmgeschwüren ist die Einnahme von Chinarindenzubereitungen zu meiden.
Bei gleichzeitiger Gabe von blutgerinnungshemmenden Mitteln kann es zu einer Wir­kungsverstärkung dieser Substanzen kommen.

Literaturhinweise

Drogenmonographien

Kommission E (1990)

Weiterführende Literatur

Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Europäischen Arzneibuch (Chinarinde, Nr. 0174, Chinarindenfluidextrakt, Nr. 1818); Kommentar zum Deutschen Arzneibuch (Zusammengesetzte Chinatinktur)

 

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