Botanische Bezeichnung
(Echter) Lavendel – Lavandula angustifolia Mill.
Familie
Lippenblütler (Lamiaceae)
Wissenswertes zur Pflanze
Der Wärme liebende Lavendel ist im Mittelmeergebiet heimisch und wird dort auch in großem Umfang kultiviert. Der Name „Lavandula – Lavendel“ leitet sich von seiner schon früher verbreiteten Verwendung als wohlriechender Zusatz zum Badewasser her (lat. ‚lavare‘ = waschen). Das Artepitheton angustifolia bezieht sich auf die schmalen Blätter (lat. ‚angustus‘ = schmal, ‚folium‘ = Blatt).
Der angenehm aromatisch-duftende Lavendel ist ein 30 bis 60 cm hoher Halbstrauch mit ca. 5 cm langen, schmalen, blaugrünen Blättern. Die unteren Blätter sind weißfilzig behaart, ihr Rand ist mehr oder weniger eingerollt. Die Blüten sitzen in dichten Quirlen am Ende eines langen Stängels und bilden dort eine Scheinähre. Die blau-violetten Blütenkronen bestehen aus einer zweilappigen Oberlippe und einer etwas kleineren dreilappigen Unterlippe. Damit schauen sie aus dem röhrenförmigen, ovalen, blaugrauen Kelch heraus. Beim Trocknen fällt die Blütenkrone leicht ab oder schrumpft stark ein, sodass nur noch die Kelche zu erkennen sind. Die Lavendelfelder blühen Ende Juli bis in den August hinein.
Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)
Verwendet werden die vom Stängel abgestreiften Blüten (Lavendelblüten - Lavandulae flos) mit ihrem angenehm süßlichen Duft. Er wird durch das ätherische Öl verursacht, das in Drüsenschuppen auf der Oberfläche der Blüten enthalten ist. Beim Zerreiben verletzt man diese Drüsen und setzt so das ätherische Öl frei. Das ätherische Öl wird ebenfalls arzneilich verwendet (Lavendelöl - Lavandulae aetheroleum).
Die im Handel befindliche Droge stammt aus Frankreich, Spanien und Osteuropa.
Inhaltsstoffe der Droge
Lavendelblüten enthalten ätherisches Öl („Lavendelöl“) mit Linalylacetat und Linalool als Hauptkomponenten und weiteren Monoterpenen; die Blüten enthalten außerdem Lamiaceen-Gerbstoffe.
Qualitätsbeschreibungen
Die Qualität folgender Drogen bzw. Drogenzubereitungen ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt:
- Lavendelblüten (Lavandulae flos)
- Lavendelöl (Lavandulae aetheroleum)
Medizinische Anwendung
Anerkannte medizinische Anwendung
Das HMPC hat Lavendelblüten und Lavendelöl als traditionelle pflanzliche Arzneimittel eingestuft (siehe „Traditionelle Anwendung“).
ESCOP: Lavendelblüten und Lavendelöl: Stimmungsschwankungen wie Unruhe, Erregungszustände oder Schlafstörungen; außerdem bei funktionellen Bauchbeschwerden.
Kommission E: Lavendelblüten: innerlich bei Befindensstörungen wie Unruhezuständen, Einschlafstörungen und funktionellen Oberbauchbeschwerden (nervöser Reizmagen, Roehmheld-Syndrom, Blähungen, nervöse Darmbeschwerden); äußerlich in Form von Bädern bei Kreislaufbeschwerden.
Durch klinische Studien belegte Anwendungsgebiete für Lavendelöl (Zulassung): zur Behandlung von Unruheständen bei ängstlicher Verstimmung.
In der Aromatherapie wird Lavendelöl zur Beruhigung – auch gerne von Hebammen bei der Geburtshilfe – eingesetzt. Es ist auch ein gutes Repellent (Mücken abweisendes Mittel). Dazu unverdünnt oder mit Alkohol 1:1 gemischt auftragen.
Traditionelle Anwendung
Lavendelblüten und Lavendelöl wurden vom HMPC als traditionelle pflanzliche Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft. Basierend auf langjähriger Erfahrung können Lavendelblüten und Lavendelöl zur Behandlung leichter Stress- und Erschöpfungszustände sowie als Schlafhilfe verwendet werden; äußerlich auch als Badezusatz anwendbar.
Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln
- Lavendelblüten als Tee, auch als Teebeutel und in Kombination mit anderen Drogen und als Zusatz zu Vollbädern
- Lavendelöl in Weichkapseln
- Lavendelöl in Bädern
Dosierung
Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufguss: Erwachsene und Jugendliche mehrmals täglich 1 Tasse Lavendeltee warm trinken.
Lavendelöl: Erwachsene und Jugendliche können mehrmals tägl. 1 – 4 Tropfen auf einem Stück Zucker oder in Wasser einnehmen.
Als Badezusatz werden 10 bis 100 g Lavendelblüten bzw. 1 bis 3 g Lavendelöl auf ein Vollbad gegeben (Badedauer 10 bis 20 Min.).
Bereitung eines Teeaufgusses
1 bis 2 g Lavendelblüten mit 150 mL heißem Wasser übergießen (nicht kochen!), 5 bis 10 Min. ziehen lassen und abseihen.
Hinweise
Bei Säuglingen und Kleinkindern bis zu 2 Jahren kann Lavendelöl einen Stimmritzenkrampf (Glottiskrampf, Laryngospasmus) auslösen, schlimmstenfalls mit Atemstillstand, deshalb Lavendelöl nie im Gesicht auftragen! Vorsorglich wird von einer Anwendung bei Kindern bis zu 4 Jahren abgeraten.
Bei offenen Wunden, großflächigen Hautentzündungen, anderen Hauterkrankungen sowie Fieber, Kreislaufbeschwerden und Herzinsuffizienz dürfen keine Vollbäder genommen werden.
Für die Anwendung von Lavendelblüten während der Schwangerschaft und Stillzeit liegen noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor; von einer Anwendung von Lavendelblüten bei Kindern unter 12 Jahren wegen mangelnder Erkenntnisse abgeraten; dies gilt auch für die Einnahme von Lavendelöl bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren.
Nebenwirkungen
Wird Lavendelöl innerlich angewendet, kann es zu Aufstoßen und Übelkeit kommen (meist vorübergehend)
Wechselwirkungen
Keine bekannt
Literaturhinweise
Drogenmonographien
HMPC (2012, 2021), ESCOP (2009), Kommission E (1990), WHO Vol. 3
Weiterführende Literatur
Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Europäischen Arzneibuch (Lavendelblüten, Nr. 1534; Lavendelöl, Nr. 1338)