Botanische Bezeichnung
Mariendistel – Silybum marianum (L.) Gaertn. (Syn. Carduus marianus L.)
Familie
Korbblütler (Asteraceae)
Wissenswertes zur Pflanze
Die Mariendistel ist in Südeuropa, den Kaukasusländern, Klein- und Vorderasien sowie in Nordafrika und den Kanarischen Inseln heimisch, in vielen anderen Ländern eingeschleppt. Sie wächst vorzugsweise auf sonnigen, felsigen Hängen, an Zäunen in der Nähe von Häusern, Bahnhöfen und Dorfstraßen. Für arzneiliche Zwecke wird die Mariendistel kultiviert.
Der Gattungsname Silybum leitet sich von gr. ‚silibon‘ = Quaste ab (etymologisch Syllibon). Damit wird die Blütenform angesprochen, die einer Quaste ähnlich sieht. Das Artepitheton marianum kommt von lat. ‚marianus‘ (= Marien-). Somit müsste die Pflanze auf Deutsch eigentlich „Marienquaste“ heißen, jedoch wurde die Übersetzung des Linnéschen Namens Carduus marianus beibehalten, der heute als Synonym gilt. ‚Carduus‘ ist lateinisch und heißt „Distel“. Als „Distel” bezeichnet man bestachelte Pflanzen aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae).Die Mariendistel ist ein- oder zweijährig. Sie wird 60 bis 150 cm hoch und blüht von Juni bis September mit purpurroten Korbblütenköpfchen, die nur aus Röhrenblüten bestehen. Die äußeren Hüllblätter der Blüte laufen in starke, stechende Dornenspitzen aus. Auch die einzelnen Lappen der Stängel-umfassenden Blätter enden in spießförmigen, gelben Dornen. Die Blätter stehen am unteren Teil der Stängel und sind entlang der Nerven typisch weißlich gefleckt und marmoriert. Die braun-fleckigen Früchte tragen als Flugorgan einen glänzend weißen Pappus.
Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)
Verwendet werden die vom Pappus befreiten, reifen Früchte (Mariendistelfrüchte - Silybi marianae fructus).
Die im Handel befindliche Droge stammt ausschließlich aus dem Anbau, z. T. in Norddeutschland, wird jedoch vorwiegend importiert, vor allem aus Argentinien und China, Rumänien und Ungarn.
Inhaltsstoffe der Droge
Mariendistelfrüchte enthalten Flavolignane (Silymarin-Komplex), Flavone, pentazyklische Triterpene und fettes Öl.
Qualitätsbeschreibungen
Die Qualität folgender Drogen bzw. Drogenzubereitungen ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt:
- Mariendistelfrüchte (Silybi mariani fructus)
- Eingestellter (standardisierter) gereinigter Mariendistelfrüchtetrockenextrakt (Silybi mariani extractum siccum raffinatum et normatum)
Medizinische Anwendung
Anerkannte medizinische Anwendung
Das HMPC hat Mariendistelfrüchte als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft (siehe „Traditionelle Anwendung“).
ESCOP: Standardisierte Mariendistel-Extraktpräparate und Silymarin: bei toxischen Leberschäden und zur unterstützenden Behandlung bei chronisch-entzündlichen Lebererkrankungen und Leberzirrhose.
Kommission E: Mariendistelfrüchte in Form der Droge bei dyspeptischen Beschwerden; Mariendistel-Zubereitungen zur Behandlung von toxischen Leberschäden und zur unterstützenden Behandlung chronisch-entzündlichen Lebererkrankungen und Leberzirrhose. Mariendistelkraut erhielt von der Kommission E eine Negativverabschiedung, da das damals vorliegende wissenschaftliche Erkenntnismaterial die Wirksamkeit der Drogen nicht belegen konnte.
Traditionelle Anwendung
Mariendistelfrüchte wurden vom HMPC als traditionelles pflanzliches Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft. Basierend auf langjähriger Erfahrung können Mariendistelfrüchte zur symptomatischen Behandlung von Verdauungsbeschwerden wie Völlegefühl, Blähungen und Flatulenz eingesetzt werden; außerdem zur Unterstützung der Leberfunktion.
Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln
- auf Silymarin standardisierte Mariendistelfrüchte-Trockenextrakte (DEV von 25-40:1 bis 60-70:1 - Auszugsmittel: Aceton, Ethylacetat oder Ethanol 96% V/V)
- Silybum marianum homöopathische Urtinktur in flüssigen Zubereitungen
Dosierung
Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufgüsse von Mariendistelfrüchten werden nicht empfohlen, da damit die wirksame Dosis an Silymarin nicht erreicht wird.
Bereitung eines Teeaufgusses
entfällt
Hinweise
Bei bestehenden Allergien gegen Korbblütler (Asteraceae) müssen Mariendistelfrüchte- Zubereitungen gemieden werden (Kreuzallergie möglich).
Für die Anwendung während der Schwangerschaft und Stillzeit liegen noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor; von einer Anwendung bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren wird wegen mangelnder Erkenntnisse abgeraten.
Nebenwirkungen
Leichte Magen-Darm-Beschwerden können vorkommen, mitunter auch Kopfschmerzen und allergische Erscheinungen.
Wechselwirkungen
Keine bekannt
Literaturhinweise
Drogenmonographien
HMPC (2018, 2024), ESCOP (2009), Kommission E (1986), WHO Vol. 2
Weiterführende Literatur
Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Europäischen Arzneibuch (Mariendistelfrüchte, Nr. 1860; Eingestellter, gereinigter Mariendistelfrüchtetrockenextrakt, Nr. 2071)