Arzneipflanzenlexikon

Wermut

Wermut
© Sertürner Bildarchiv

Botanische Bezeichnung

(Echter) Wermut – Artemisia absinthium L.

Familie

Korbblütler (Asteraceae) 

Wissenswertes zur Pflanze

Der Wermut ist ursprünglich in Asien heimisch, in Europa und Nordafrika eingebürgert und heute auch in Nord- und Südamerika verbreitet. Im Gattungsname Artemisia spiegelt sich der Name der griechischen Göttin ‚Artemis’, der Beschützerin der Gebärenden, wider. Das Artepitheton „absinthium“ beinhaltet das griechische ‚apsinthion’ (= Wermut). Bezweifelt wird allerdings, ob sich diese Bezeichnung von gr. ‚a’ (= ohne) und ‚psinthos’ (= Vergnügen) ableiten lässt, was durchaus begründet wäre, da die Blätter sehr bitter schmecken. Offen ist auch, ob die deutsche Bezeichnung ‚Wermut’ sich aus ‚warm’ oder ‚Wurm’ gebildet hat. Die Verwendung als Wurmmittel ist belegt und im englischen Namen ‚wormwood’ wiederzufinden.

Der bis zu 1 m hohe Halbstrauch trägt sehr charakteristische 2- bis 3-fach fiederteilige Blätter mit sehr schmalen Fiedern, die beidseitig dicht weiß-seidig behaart sind. Die kleinen, kugeligen gelben Blütenköpfchen sind in Rispen angeordnet. Blütezeit ist Juli bis September. Beim Zerreiben riecht das Kraut durch das darin enthaltene ätherische Öl sehr aromatisch.

Arzneilich verwendete Pflanzenteile (Droge)

Verwendet werden die blühenden oberen Zweigspitzen mit ihrem charakteristischen, sehr aromatischen Geruch (Wermutkraut – Absinthii herba).
Die im Handel befindliche Droge stammt aus Ost- und südeuropäischen Ländern.

Inhaltsstoffe der Droge

Wermutkraut enthält ätherisches Öl mit Thujon und vielen anderen Monoterpenen, Bitterstoffe vom Sesquiterpenlacton-Typ, Flavonoide und Phenolcarbonsäuren.

Qualitätsbeschreibungen

Die Qualität des Wermutkrauts (Absinthii herba) ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt.
Die Qualität der Wermuttinktur (Absinthii tinctura) ist im Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC) festgelegt.

Medizinische Anwendung

Anerkannte medizinische Anwendung

Das HMPC hat Wermutkraut als traditionelles pflanzliches Arzneimittel (§ 39a AMG) ein­gestuft (siehe „Traditionelle Anwendung“).
ESCOP: Appetitlosigkeit (z.B. nach Krankheiten), dyspeptische Beschwerden.
Kommission E: Appetitlosigkeit und dyspeptische Beschwerden; Dyskinesien der Gallen­wege (Störung der Gallenblasenentleerung).

Traditionelle Anwendung

Das HMPC hat Wermutkraut als traditionelles pflanzliches Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft. Basierend auf langjähriger Erfahrung kann Wermutkraut zur Behandlung vorübergehender Appetitlosigkeit und zur Behandlung leichter dyspeptischer und gastro­intestinaler Beschwerden eingesetzt werden.

Arzneiliche Drogenzubereitungen in Fertigarzneimitteln

Dosierung

Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage;
Teeaufguss: 3-mal tgl. eine Tasse frisch bereiteten, warmen Wermuttee trinken, zur Appetit­anregung jeweils eine halbe Stunde vor den Mahlzeiten, bei Verdauungs­beschwerden nach den Mahlzeiten. Tagesdosis 2 bis 3 g Droge.

Bereitung eines Teeaufgusses

1 bis 1,5 g geschnittenes Wermutkraut (1 Teelöffel) mit ca. 150 ml siedendem Wasser über­gießen und bedeckt stehen lassen; nach 10 bis 15 Minuten abseihen.

Hinweise

Bei bestehenden Allergien gegen Korbblütler (Asteraceae) müssen Wermutzubereitungen gemieden werden. Patienten mit Gallensteinen und anderen Gallenstörungen sollten vor Einnahme ärztlichen Rat einholen.
Für die Anwendung von Wermut während der Schwangerschaft und Stillzeit liegen noch keine Untersuchungen zur Unbedenklichkeit vor; von einer Anwendung bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren wird wegen mangelnder Erkenntnisse abgeraten.

Alkoholische Wermutauszüge und Lösungen des ätherischen Öls in Alkohol (Absinth-Liköre, „Grüne Fee“ u.a.) waren wegen ihrer schädlichen Wirkungen (gastrointestinale Probleme, nervenschädigende Wirkung, psychische Erkrankungen - bis hin zum Suizid) insbesondere bei Dauer­konsum in vielen Staaten verboten. Man macht dafür das in der Droge enthaltene Nervengift Thujon verantwortlich, das bei länger dauernder Einnahme und bei zu hoher Dosierung Epilepsie-artige Krämpfe hervorruft. Absinth-Getränke sind heute wieder zugelassen, allerdings mit oberen Grenzwerten für Thujon (höchstens 35 mg pro Liter). Man verwendet für deren Herstellung eine Thujon-arme Artemisia-Art.
Bei der innerlichen Anwendung von Zubereitungen aus Wermutblättern (Teeaufguss, Tinktur) wird die toxische Dosis an Thujon nicht erreicht; trotzdem sollen Wermut­zubereitungen nicht länger als 2 Wochen eingenommen werden. Eine Aufnahme von maximal 3,0 mg Thujon pro Tag ist vertretbar.

Nebenwirkungen

Nur bei Überdosierung Erbrechen, Magen- und Darmkrämpfe, Benommen­heit (toxische Wirkung des Thujons).

Wechselwirkungen

Keine bekannt

Literaturhinweise

Drogenmonographien

HMPC (2017, 2020), ESCOP (2003), Kommission E (1984)

Weiterführende Literatur

Wichtl: Teedrogen und Phytopharmaka
Schilcher: Leitfaden Phytotherapie
Van Wyk: Handbuch der Arzneipflanzen
Kommentar zum Europäischen Arzneibuch (Wermutkraut, Nr. 1380)

 

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